Sustainable Operations – Wo steht die Industrie bei ESG?

Lünendonk-Studie zeigt Status quo auf und weist auf Lücken hin

09.11.2023 – Mindelheim

Viele Konzerne und Unternehmen stellen auf eine nachhaltige Produktion um. Doch ohne eine konkrete Strategie als tragendes Element findet sich nach einiger Zeit lediglich eine große, oftmals singuläre Zusammenstellung verschiedenster Themen und Maßnahmen vor. Diese mögen vorübergehend auch den ersehnten Effekt haben; Nachhaltigkeit ist jedoch kein kurzlebiger Hype, sondern wird künftig immer mehr zu einem Imperativ wirtschaftlichen Handelns.

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Hier schafft eine ESG-Strategie eine Struktur, damit die gesetzten Ziele systematisch und nachvollziehbar verfolgt und auch in den verschiedenen Fachbereichen und Abteilungen umgesetzt werden können. Werden die Nachhaltigkeitsaktivitäten nicht in eine stimmige Strategie eingebettet und in der Unternehmensplanung verankert, bergen deren lose Ansammlungen einige Stolpersteine:

  1. Das Nachhaltigkeitsengagement kann abrupt reduziert werden, sollte sich ein anderes Thema als wichtiger erweisen.
  2. Stakeholder wie Mitarbeitende, Bewerberinnen und Bewerber oder Investoren haben weniger Identifikationsmöglichkeit und Orientierung.
  3. Die Nachhaltigkeitsbemühungen können nach einiger Zeit zum Erliegen kommen, wenn ihnen keine konkrete Richtung und keine klaren Einzelziele vorgegeben sind.
  4. Eine unklare Ausrichtung lässt sich gegenüber dem Markt nur schwer kommunizieren. Eine vage und nicht unternehmerisch motivierte Nachhaltigkeitsstrategie kann darüber hinaus den Unternehmenserfolg gefährden.

Das Research- und Beratungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder wollte im Rahmen einer Industriestudie feststellen, wo das Themengebiet in den Unternehmen verantwortet wird, welche Maßnahmen geplant und welche davon bereits umgesetzt sind. Für die inhaltliche Ausrichtung bezog Lünendonk die Expertise von KPMG, Detecon und Siemens Advanta mit ein, so dass ein 360-Grad-Blick auf die ESG-Standortbestimmung möglich wurde.

Wo steht die Industrie bei ESG?

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In der neuen Studie wurden insgesamt 113 im deutschsprachigen Raum tätige Industrieunternehmen aus unterschiedlichen Branchen befragt. Hierfür berücksichtigt wurden ausschließlich Unternehmen der Prozess- und Fertigungsindustrie mit mindestens 250 Mitarbeitenden und einem jährlichen Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro. Die geografische Verteilung des Samples weist eine starke Präsenz von Unternehmen aus Deutschland auf, die 73 Prozent der Studienteilnehmenden ausmachen. Unternehmen aus Österreich und der Schweiz sind mit jeweils 14 respektive 13 Prozent vertreten.

Rund 80 Prozent der Unternehmen haben bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt

Die Studienergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Unternehmen dem Thema volle Aufmerksamkeit geschenkt hat. Länderübergreifend betrachtet haben 81 Prozent der Studienteilnehmer bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Während rund 29 Prozent diese auch bereits implementiert haben, müssen 19 Prozent sie noch entwickeln. Kein einziges der befragten Unternehmen äußerte sich negativ in dem Sinne, dass eine Nachhaltigkeitsstrategie gar nicht geplant sei.

An dieser Stelle ist ein Ländervergleich interessant. Es zeigt sich: Schweizer Unternehmen sind ihren deutschen und österreichischen Pendants einen Schritt voraus und haben ihre Nachhaltigkeitsstrategien bereits stärker vorangetrieben (53 %). In Österreich beläuft sich der Anteil auf gerade einmal 6 Prozent, während 31 Prozent noch mit der Entwicklung beschäftigt sind.

Viele Unternehmen müssen zeitnah liefern, sind aber größtenteils noch nicht adäquat aufgestellt

In absehbarer Zeit müssen viele Unternehmen „ready to go“ sein. So sieht beispielsweise die sukzessive Erweiterung der EU-Richtline zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive) vor, dass ab dem 1. Januar 2024 alle Unternehmen von öffentlichem Interesse und mehr als 500 Mitarbeitenden über ihre Nachhaltigkeitsbemühungen berichten. Sind die betroffenen Unternehmen angesichts der nahenden Frist bereits weiter?

Mit Blick auf die Ergebnisse lässt sich dies nur eingeschränkt bejahen. Während 81 Prozent aller Befragten bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt haben, sind es hier nur 6 Prozentpunkte mehr. Und bei der Gruppe jener Unternehmen, die bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie implementiert haben, sind es lediglich 2 Prozentpunkte mehr. Ein signifikanter Nachholbedarf zeigt sich auch im Ländervergleich: So hat bisher noch keines der befragten österreichischen Unternehmen seine Strategie implementiert, in Deutschland hat dies hingegen rund jedes dritte und in der Schweiz jedes zweite bereits getan.

Wie das Thema Nachhaltigkeit auf Unternehmensseite konkret ausgestaltet wird, variiert von Branche zu Branche und von Unternehmen zu Unternehmen. Lassen sich dennoch Gemeinsamkeiten feststellen, welche ESG-Ziele die Unternehmen priorisieren und wie sie ihre Bemühungen messbar machen? Vor diesem Hintergrund haben wir die befragten Unternehmen gebeten, uns für die Aspekte Environmental, Social und Governance ihre drei wichtigsten Ziele zu nennen.

Die wichtigsten Nachhaltigkeitsziele

Für den Bereich Environmental nannten etwas mehr als 50 Prozent der Befragten die Reduktion von Emissionen, dicht gefolgt von der Reduktion der Abfallbelastung, die auf knapp 50 Prozent kommt. Ebenfalls häufig genannt wurde das Ziel einer hohen Energieeffizienz, vor allem unter Nutzung erneuerbarer Energiequellen (48 %). Auf dem vierten Platz folgt der verantwortungsvolle Umgang mit Wasser, der von 44 Prozent der Teilnehmenden angegeben wurde.

Wie gestaltet es sich im Bereich Social? Klares Ziel für 48 Prozent der Unternehmen: Chancengleichheit. Bessere Arbeitsbedingungen und eine Work-Life-Balance ihrer Angestellten ist für immerhin 36 Prozent der Unternehmen ein erstrebenswertes Ziel, gefolgt von Equal Pay (30 %) und einer adäquaten Frauenquote (29 %).

Mit der Nennung von 63 Prozent der Teilnehmenden rangieren ethisches Verhalten, Code of Conduct und Legal Compliance mit Blick auf die Governance-Komponente an erster Stelle. Für 31 Prozent der Unternehmen gehört eine nachhaltige Unternehmenskultur zu den drei wichtigsten Nachhaltigkeitszielen. Viele Unternehmen nehmen dabei aber auch ihre gesamte Wertschöpfungskette unter die Lupe und so haben sich 27 Prozent der Unternehmen die Selbstverpflichtung auferlegt, mit korrupten oder rechtlich zweifelhaften Dritten keine Geschäftsbeziehungen einzugehen beziehungsweise diese abzubrechen.

Ziele allein reichen nicht aus

So gestalten sich jedenfalls die Absichtsbekundungen der Studienteilnehmenden. Doch Ziele zu setzen allein reicht nicht aus – es ist lediglich der erste Schritt. Um den Fortschritt messbar machen und eventuelle Kursänderungen vornehmen zu können, bedarf es klarer Kennzahlen.

So steht die Identifikation von relevanten KPIs, die im Rahmen der ESG-Thematik in den Industrieunternehmen verwendet werden, im Mittelpunkt der Lünendonk-Studie. Diese steht Interessierten kostenfrei zum Download bereit.

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Jörg Hossenfelder

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