Managementberatung in der Schweiz – ein Wachstumsmotor

Erstveröffentlichung im Journal bso 1-2024

Mindelheim, 23. Februar 2024

Der Markt für Managementberatung in der Schweiz wird grundsätzlich von den gleichen Trends geprägt, die auch in Deutschland und Österreich gelten: Das überdurchschnittliche Wachstum der Branche basiert auf Themen, die Unternehmen über Jahre hinweg beschäftigen und damit auch für ein nachhaltiges Wachstum der Consulting-Häuser sorgen. Allerdings zeigt der Schweizer Beratungsmarkt bei genauerer Betrachtung Eigenheiten, die ihn von den Märkten der beiden Nachbarstaaten unterscheiden und zugleich ein großes Potenzial für Consultants und Beratungsunternehmen bieten.

Das Research- und Beratungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder sieht in der Schweiz zwei gegenläufige Tendenzen: Einerseits findet eine Konsolidierung bei mittleren und größeren Managementberatungen statt. Andererseits bietet der Markt aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage nach Consulting-Services mehr als genug Potenzial für kleinere, lokale Beratungshäuser, spezialisierte Boutique-Beratungen und Solo-Selbstständige.

Erfolg der Beratung ist abhängig vom BIP

Grundsätzlich ist die Geschäftsentwicklung der Managementberatungen direkt an die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts gekoppelt. Diese statistisch signifikante Korrelation konnte Lünendonk durch seine langjährige Branchenbeobachtung in Deutschland und Österreich feststellen. Für das Jahr 2022 gestalten sich die Märkte für Managementconsulting wie folgt: Das Marktvolumen für Deutschland wird mit 50 Milliarden Euro beziffert. In Österreich betrug es rund fünf Milliarden Euro. Das Volumen in der Schweiz beläuft sich nach der letzten Erhebung der ASCO (Association of Management Consultants Switzerland) für 2021 auf fünf Milliarden Franken, sodass Lünendonk für 2022 von einem Marktpotenzial von etwa 5,5 Milliarden Franken (aktuell rund 5,7 Mrd. Euro) ausgeht. Dabei zeigt sich das Wirtschaftswachstum in der Schweiz deutlich robuster als etwa in Deutschland, sodass auch das Wachstum der Managementberatungen in der Schweiz kontinuierlicher zu sein scheint.

Mit Freelancern und KI effizienter werden

Um von diesem anhaltenden Wachstum zu profitieren und sich auch für die Zukunft wettbewerbsfähig und gleichzeitig krisensicher aufzustellen, planen Beratungshäuser weltweit intelligente Assistenzsysteme zu nutzen. Bain und PwC sind beispielweise eine Allianz mit OpenAI, dem Unternehmen hinter ChatGPT, eingegangen. Accenture und KPMG haben ihrerseits Milliardeninvestitionen in diese Technologien angekündigt. Ob die Investitionen greifen und wie mittelgrosse und kleinere Managementberatungen mit regionaler Reichweite mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz umgehen, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

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Darüber hinaus greifen Managementberatungen generell vermehrt auf Ökosysteme von Beratenden zurück, um sich breiter aufzustellen und agiler präsent zu sein. Sie kooperieren beispielsweise mit Start-ups oder freiberuflich Arbeitenden. Interessant ist vor diesem Hintergrund, dass freie Beratende von den meisten Consulting-Unternehmen nicht als Konkurrenz wahrgenommen werden. Nur ein Fünftel aller im deutschen Markt befragten Consultants sehen Selbstständige als Wettbewerber. Für alle anderen dürften Freiberufler eher eine wichtige Ergänzung der eigenen Kompetenzen und eine hochflexible Erweiterung der eigenen Ressourcen sein. Für Consultants in der Schweiz und anderswo bedeutet dies in erster Linie, dass sie in naher Zukunft versuchen müssen, sich möglichst flexibel aufzustellen, um für kurzfristige Nachfrageeinbrüche oder -anstiege bei den Managementberatungshäusern gerüstet und krisenresistent zu sein.

Das passiert durch die Zusammenarbeit mit Freelancern oder Start-ups. Ein neuer Trend ist hingegen das gemeinsame Anbieten mit anderen Managementberatungen, um die Angebotstiefe zu erhöhen. Vor allem in Deutschland kommen die sogenannten Beratungs-Ökosysteme bei komplexen Projekten vermehrt zum Einsatz.

Schweizer Markt lohnt sich

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Der Schweizer Markt erweist sich auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten als robust, weshalb er für alle bekannten, weltweit tätigen Strategieberatungen attraktiv ist. Die Wachstumsdelle in Deutschland lässt sich in der Schweiz derzeit nicht beobachten. Und auch darüber hinaus ist der Beratungsmarkt in der Schweiz von Unterschieden zu Deutschland (und Österreich) geprägt, weshalb die grossen, internationalen Beratungen immer mit eigenen Niederlassungen vor Ort sind. Damit tun sie sich als quasi „Ortsansässige“ leichter, den Anforderungen ihrer Kund:innen nachzukommen. Das lohnt sich, denn für ihre Strategieberatung, die ja die Königsdisziplin der Management-Consultants ist, erhalten sie in der Schweiz fast die höchsten Honorare weltweit.

Obwohl internationale Beratungshäuser im Schweizer Markt präsent und erfolgreich sind, bietet der Markt genug Potenzial für nationale Managementconsultants mit 10 bis 20 Mitarbeitenden beziehungsweise mit Umsätzen von 20 bis 100 Millionen Schweizer Franken. Auch sogenannte Boutique-Beratungen, Spezialisierte und Solo-Selbstständige können Marktchancen für ein gutes bis sehr gutes Auskommen nutzen. Sie finden ihre Nischen durch ihr Know-how in ausgewählten Branchen, bei spitzen Themen oder können die Niederlassungen der grossen Beratungshäuser mit ihrer lokalen Kompetenz unterstützen. Darüber hinaus entwickeln sich die bereits beschriebenen Berater-Ökosysteme, um der Marktkonsolidierung entgegenzuwirken.

Ihnen allen nutzt die anhaltend hohe Nachfrage nach Beratungsleistungen von Schweizer Unternehmen. So sieht Lünendonk zwei zentrale Themen, die aber auch Unternehmen im gesamten DACH-Raum betreffen: Zum einen bremst der Fachkräftemangel das Unternehmenswachstum aus. Er wird teilweise mit Lösungen auf der Prozess- und Organisationsseite bekämpft. Zum zweiten wird genau diese Wachstumsbremse für Übernahmen genutzt, die üblicherweise zu beratungsintensiven Change-Prozessen führen.

Kernthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Das zentrale Thema, das den Erfolg des Beratungsmarkts in der Schweiz nachhaltig prägt, ist die Digitalisierung. Sie betrifft praktisch alle Unternehmensbereiche und wird durch immer neue Hypes befeuert, wie es derzeit beim Thema Künstliche Intelligenz deutlich zu beobachten ist. Dazu kommen vor allem die mit Fertigungsunternehmen verknüpften Themen wie Automation und Robotik. Des Weiteren hat Lünendonk ermittelt, dass Bedarf an Nachhaltigkeitsberatung ebenfalls kontinuierlich wächst. Das ist einerseits der immer strengeren Regulierung zu verdanken und andererseits der zunehmenden Verankerung von Themen aus dem Bereich Environmental Social Governance im Unternehmens-Reporting; nicht zuletzt, weil die Nachhaltigkeitsbemühungen auch auf Kundenseite immer mehr an Gewicht gewinnen. In einer der wenigen aktuellen Studien, die sich speziell mit dem Schweizer Markt beschäftigen, hat Cylad Consulting ermittelt, dass bereits 70 Prozent aller Schweizer Unternehmen ESG-Initiativen gestartet haben. Die Nachfrage nach entsprechenden Beratungsleistungen dürfte dementsprechend hoch sein, wenn man Analogien zu Deutschland und Österreich annimmt.

Fazit: Ein Markt mit großem Potenzial

Die Schweiz ist für Consultants sowie für Beratungsunternehmen ein hochinteressanter Markt mit viel Potenzial – er zeichnet sich durch hohe Honorare und mehr wirtschaftliche Stabilität als Resteuropa aus.

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Jörg Hossenfelder

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