Fremdkapital auf dem Vormarsch: Consulting-Häuser im Fokus von Finanzinvestoren und strategischen M&As

05.02.2024 – Mindelheim

Der Beratungsmarkt konsolidiert sich und rückt zunehmend in das Interesse von Finanzinvestoren. Dieser Trend ist international zu beobachten, gilt für die deutsche Consulting-Branche aber ganz besonders. Im Gegensatz zu manch anderen Ländern ist der Markt hierzulande stark fragmentiert und mittelständisch geprägt. Laut der aktuellen Lünendonk®-Liste der führenden Managementberatungen machten im Geschäftsjahr 2022 gerade einmal elf deutsche Beratungsunternehmen mehr als 100 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Große internationale Strategieberatungen wie McKinsey, BCG oder Bain spielen im Markt zwar eine wichtige Rolle, dominieren ihn aber nicht.

Kräfte bündeln: Beratungen profitieren von Zusammenschlüssen und Übernahmen

Allein zu klein – angesichts der großen Dynamik in den Beratungsfeldern, den Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz und Data & Analytics sowie der fortschreitenden Globalisierung gibt es Gründe genug für Beratungen, ihre Kräfte zu bündeln und sich mittels Fusionen und Übernahmen gestärkt aufzustellen. Skalen- und Synergieeffekte locken: Mittelständische Consulting-Häuser tun sich zusammen, schließen sich den großen Playern im Markt an oder übernehmen kleine Beratungen. Und das Marktumfeld ist günstig: Das Consulting-Business boomt, trotz der schwachen Konjunktur erwarten die deutschen Beratungshäuser dank der Dauerbrenner Digitalisierung und Nachhaltigkeit für 2024 ein Umsatzplus von 10,5 Prozent – nach einem bereits erfolgreichen Jahr 2023 mit ebenfalls zweistelligem Wachstum. Viele Beratungshäuser hierzulande sind inhabergeführt und offen für eine Nachfolgeregelung. Die Aussichten für eine erfolgreiche Investition sind also gut.

Prominentes Beispiel der jüngsten Vergangenheit ist der Zusammenschluss von Wavestone und Q_Perior. Die Fusion des börsennotierten französischen Technologiekonzerns und der deutschen IT-Beratung haben für Aufsehen gesorgt, entsteht doch damit eine Beratungsgröße auf dem europäischen Markt. Wavestone und Q_Perior haben bereits vor der finanziellen Verflechtung in einer strategischen Partnerschaft und Synergien ihrer sich ergänzenden geografischen, branchenspezifischen und beratungsspezifischen Kompetenzen genutzt. Die Zusammenarbeit scheint vielversprechend gewesen zu sein, denn nun folgt also mit der gegenseitigen Kapitalbeteiligung der Zusammenschluss der beiden Beratungen.

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Finanzinvestoren setzen auf deutsche Beratungen – und diese auf das Fremdkapital

Es sind jedoch nicht nur strategische Fusionen und Übernahmen, die die Konsolidierung vorantreiben. Gleichzeitig haben Finanzinvestoren den deutschen Beratungsmarkt für sich entdeckt – und die Consulting-Häuser in ihnen einen starken Finanzgeber. Das Fremdkapital profitiert im deutschen Beratungsmarkt vor allem von vergleichsweise hohen Beratertagessätzen und damit einer sicheren Rentabilität, gleichzeitig verspricht allein die Größe der deutschen Wirtschaft ein lukratives Investment.

Eine neue Dynamik ist erreicht, seitdem die Managementberatung Horn & Company eine strategische 50/50-Partnerschaft mit der niederländischen Private-Equity-Investmentgesellschaft Waterland eingegangen ist. Für Horn & Company versprach der Schritt, stärker und schneller wachsen zu können – auch anorganisch. Die ersten Taten sind bereits gefolgt: Mit den finanziellen Mitteln des Teilhabers Waterland im Rücken übernahm Horn & Company vor knapp einem Jahr die Schweizer Beratung GEM, gegen Ende des Jahres 2023 folgte der Zusammenschluss mit der Münchener ConMoto Strategie & Realisierung. Weitere Akquisitionen sollen folgen – und untermauern den Anspruch von Horn & Company als Herausforderer der großen Strategieberatungen in der DACH-Region.

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Auch die Unternehmensberatung H&Z hat ehrgeizige Ziele und möchte mittelfristig in die Top 5 der deutschen Consulting-Häuser aufsteigen. Damit der Plan aufgehen kann, hat H&Z rund die Hälfte des Unternehmens an den französischen Finanzinvestor EMZ verkauft. Mit den neu gewonnen finanziellen Mitteln möchte die Beratung nicht nur organisch, sondern auch durch Zukäufe wachsen.

Ein weiteres Beispiel: Auch hinter der Beratungsgruppe X1F steht ein starker Finanzpartner. Die Schweizer Investorengruppe Ufenau Capital Partners ist mehrheitlich an X1F beteiligt. Innerhalb kurzer Zeit hat X1F nun bereits die zehnte Unternehmenstochter integriert und ihre Beratungsexpertise ausgeweitet.

Fremdkapital kann Schlüsselrolle für deutschen Consulting-Markt spielen

Fremdkapital gewinnt im deutschen Consulting-Markt an Bedeutung – und es kann eine Schlüsselrolle für die Dynamik in der Branche spielen. Den Beratungsunternehmen bietet es finanzielle Flexibilität und schnelleres Wachstum, eine Stärkung der Bilanz sowie Zugang zu den Netzwerken der Investoren. Und durch wachsende internationale Verflechtungen könnte der deutsche Beratungsmarkt insgesamt global weiter an Gewicht gewinnen. Damit das gelingt und Fremdkapital zum Erfolgsfaktor wird, müssen die Beratungen weiterhin unabhängig von den Investoren ihr daily business erledigen können und frei in ihren unternehmerischen Entscheidungen sein. Und die Beratungen sollten sich eines langfristigen Engagements des Teilhabers sicher sein – sollte die Private-Equity-Gesellschaften nur an einem kurzfristigen Investment interessiert, könnten die Leuchtturm-Projekte ins Wanken geraten.

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Jörg Hossenfelder

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