Editorial Lünendonk Themen & Trends Dezember 2020

10.12.2019 – Mindelheim

Liebe Leserinnen und Leser,

dieses Editorial handelt von 86 Cent. Geht es ergo um Geld in der Advents- und Weihnachtszeit? Eigentlich logisch, denn in diesen Tagen denken wir stets an Spenden für Menschen, denen es nicht so gut geht wie uns. Bei all den Klagen über die aktuelle Lage in unserem Land dürfen wir diejenigen Regionen auf der Erde nicht vergessen, die von Armut, hohen Sterberaten und Krieg betroffen sind. Daher unterstützt seit Jahrzehnten unser Haus und ich persönlich Organisationen wie beispielsweise Misereor oder Brot für die Welt.

Spenden wir 86 Cent? Natürlich nicht. Das sollte eigentlich ein Betrag sein, über den wir meines Erachtens nicht diskutieren müssen. Aber dieser Betrag hat aktuell einen hohen Stellenwert: Er zwingt nicht nur die Landesregierung in einem deutschen Bundesland in die Knie, sondern stürzt die gesamte CDU in eine Krise.

Wie das? Die Magdeburger Koalition aus CDU, SPD und Grünen droht an der Diskussion um den Rundfunkbeitrag zu zerbrechen. CDU und AfD lehnen die vorgesehene Beitragserhöhung von 86 Cent auf 18,36 Euro ab. Die beiden Koalitionspartner der CDU in Sachsen-Anhalt, SPD und Grüne, sind dafür. Wegen des drohenden Vetos in Sachsen-Anhalt steht die geplante Erhöhung für ganz Deutschland auf der Kippe.

86 Cent. Oder auf das Jahr hochgerechnet 10,32 Euro mehr. Vor dem Hintergrund der Spendenaktionen für Misereor, Brot für die Welt oder anderer wohltätigen Organisationen wird deutlich, dass es beim Rundfunkstaatsvertrag diesmal nicht ums Geld geht, sondern um andere Dinge. Und das Thema scheint wichtig, denn im Zuge des Disputs musste ein Innenminister zurücktreten. Aber das bedeutet noch nicht, dass die Sache vom Tisch ist. Offen ist in der Tat weiterhin das Ergebnis der Abstimmung im Magdeburger Landtag. Und das alles wegen 86 Cent.

Bei diesem Betrag kommt mir der Western „Für eine Handvoll Dollar“ in den Sinn (1964). Auch hier gab es im Vorfeld Diskussionen: Ein Low-Budget-Western, ein damals unbekannter Regisseur Sergio Leone, Dreharbeiten in Spanien und Italien. Hauptdarsteller Clint Eastwood hatte indes im Lauf seiner Karriere schon mehrmals bewiesen, wie unerschrocken er in ein Projekt einstieg, wenn er davon überzeugt war, und der Erfolg gab ihm mehr als einmal recht. Wegen des Drehbuchs kam es zwischen Leone und Eastwood anfangs zu Meinungsverschiedenheiten, da Eastwood seine Rolle (noch) wortkarger haben wollte. Und es gelang ihm, Leone von seiner Idee zu überzeugen und seine Rolle weniger dialoglastig anzulegen. Das hervorragende Ergebnis ist bekannt.

Diese Unerschrockenheit, Klarheit und Reflexion wünsche ich den Verantwortlichen in Magdeburg, in der Regierung und in der Bevölkerung: weniger laut, mehr reflektierend, stets wertschätzend und auf Basis von Fakten. Dann steht einem besinnlichen Fest nichts im Wege, dann bewältigen wir diese Pandemie, und schlussendlich helfen wir den Ärmsten der Armen – bitte jeder von uns mit mehr als 86 Cent.

Frohe Weihnachten wünscht Ihnen

Jörg Hossenfelder

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