DPM (digitales Preismodell) – wenn weniger einfach mehr ist!

Foto: Dr. Odin GmbH

Janke Papenfuß

ist Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung der Dr. Odin GmbH.

Ulrich Pieper

ist langjähriger Seniorberater bei der Dr. Odin GmbH.

Oft stehen die Berater und Beraterinnen der Dr. Odin GmbH bei den Mandaten vor der Herausforderung, dass bei der Unterstützung einer Marktabfrage von verschiedenen Facility Services zwar die Leistungen beschrieben werden können, jedoch die Datenlage hinsichtlich Vollständigkeit, Aktualität, Richtigkeit, Informationsgehalt, Vergleichbarkeit und Verarbeitbarkeit nicht ausreichend genug ist, um monetär risikofrei bewertete Angebote von potenziellen Service-Providern zu erhalten.

Sicher ist bei kleinen Objekten und einer geringen Anzahl technischen Equipments das Risiko eines Fehlers weitaus geringer als bei anderen Kunden, bei denen über den strategischen Einkauf in der Regel größere Vergabeeinheiten gebildet werden, um über Bündelungseffekte unter anderem Einsparziele zu erreichen. Damit können aber Volumen von über 500 Gebäuden oder auch über 3 Millionen Quadratmetern Brutto-Grundfläche entstehen. Dies verbunden mit entsprechenden Vertragslaufzeiten führt dann mitunter zu mittleren dreistelligen Millionenwerten beim Vergabevolumen – auch bei prozentual gleichen Abweichungen kann sich der mögliche wirtschaftliche Nachteil für den einen wie auch für den anderen Partner gleichbedeutend verheerend auswirken.

Beispiel Digitales Preismodell in der Praxis (Foto: Tima Miroshnichenko/Pexels)

Heterogene Daten: Was tun?

Welcher Ansatz eignet sich also am besten, um einerseits qualifizierte und vergleichbare Angebote des Wettbewerbs zu erhalten und andererseits im selben Moment zu verhindern, dass eine detaillierte Anlagenaufnahme, verbunden mit entsprechendem monetärem und zeitlichem Aufwand für den Auftraggeber, notwendig wird, um eine Marktabfrage starten zu können?

Für die Dr. Odin GmbH war dies ein »step-by-step approach«. Ingenieurinnen und Ingenieure neigen dazu, nur 100-prozentige Lösungen als geeignet anzuerkennen, und so musste sich auch das Mindset erst dem Pareto-Prinzip für diesen Anwendungsfall annähern.

Status quo – Markt

Für die Bildung benchmarkfähiger Preisgruppen beziehungsweise -positionen für technische Facility Services gab es bisher kaum Standards. Inzwischen hat sich aber unter anderem ein Arbeitskreis des RealFM e. V. dieser Aufgabe angenommen. In Ergänzung zur Version 4.0 der Publikationen »Standardleistungsverzeichnis (Standard-LV)«, »Mustervertrag Facility Services«, »Standardstruktur für Technische Facility Services« und »Preisbenchmark für Technische Facility Services 2019– 2021« wurde es veröffentlicht.

Hier wurden für gebräuchliche, marktgängige bauliche und technische Anlagen der Kostengruppen (KGR) 300 und 400 der DIN 276 anlagenspezifische Merkmale (Attribute) identifiziert, die für die Kalkulation, zur Einhaltung der Betreiberpflichten oder aus sonstigen Gründen für den Betrieb und die Instandhaltung Relevanz besitzen. Für die so definierten »Standardanlagen « wurden zur Bildung von »Standardpreispositionen« dann gegebenenfalls noch kalkulationsrelevante Merkmalsausprägungen in Form verschiedener Arten und Bandbreiten (Wertebereiche) unterschieden. Die parallel stattfindende Entwicklung bei der Dr. Odin GmbH, mit einem ähnlichen Ansatz, hat zu einem sogenannten digitalen Preismodell (DPM) geführt.

Beispielhafte Anlagenklasse für Druckbehälter (Foto: Dr. Odin GmbH)

Minimum Viable Product

Bei der Entwicklung des DPM lag die Priorität auf der Bildung verschiedener einfacher Datenkonvolute von digitalen Anlagenklassen, ausschließlich unter dem Fokus, preisbestimmende technische Attribute zu enthalten und somit also ausreichende Informationen für eine Preisabfrage zu bündeln. Ergänzt wurden diese technischen Attribute mit definierten Umfängen und auch mit den über das Betriebskonzept notwendig zu formulierenden Leistungstiefen.

Aufbau des DPM

Das digitale Preismodell ist in Anlehnung an die Kostengruppenstruktur der DIN 276 in 15 verschiedene Gewerke unterteilt. Eine strikte Übersetzung der DINKGR- Anlagenklassen ist meist nicht zielführend und wird somit aus betrieblicher Sicht weiter aufgeschlüsselt. Auf diese Weise sind einerseits separate Ordnungsklassen, zum Beispiel für brandschutztechnische Anlagen, entstanden und andererseits wurden die Strukturierungen mehr aufgrund betriebsrelevanter Aspekte aus technischen sowie funktionalen Zusammenhängen (Anlage, Bauteil, Komponente) gewählt.

Das heißt, innerhalb eines Gewerks werden für verschiedene Funktionen immer dann Anlagengruppen unterschieden, wenn die Bauart der Anlage, die zugehörigen Komponenten und ihre Merkmalsausprägungen kalkulatorisch zu einem anderen Aufwand bei Betrieb und Instandhaltung führten.

In Abbildung 1 ist am Beispiel eines Druckbehälters und seiner typischen Merkmale dargestellt, wie die Anlagenklassenbildung und -zuordnung erfolgte. Die relevanten Attribute zur Einhaltung der Betreiberpflichten leiten sich in diesem Fall aus den Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung sowie ergänzender technischer Regeln ab. Die sich methodisch ergebenden Anlagengruppen sind jeweils mit einem eindeutigen Klassencode versehen und mit der DIN 276 gematcht.

Übersicht über die IT-Produkte zum Anlagenklassencode (Foto: Dr. Odin GmbH)

Integration der Leistungstiefe

Bei den Leistungstiefen werden mit der bei den Mandaten gebräuchlichen Quellkalkulation hinsichtlich der Preisabfrage unter anderem die folgenden »Arten« unterschieden:

  • Fernüberwachung baulicher und technischer Anlagen
  • Wartung, technische und funktionale Reinigung, bP-/FK-/SK-Prüfungen
  • Inspektion
  • Hygieneinspektion, -wartung und -kontrollen
  • Bedienen (vor Ort), Funktionsprüfungen, Begehungen
  • ZÜS-/SV-Prüfungen
  • Entstörungen, gegebenenfalls inklusive Rufbereitschaft
  • Instandsetzungen
  • Leerstandsbetreuung (optional)

Somit enthalten die im DPM auf Jahresfestpreisen basierenden Benchmarks zusätzlich gegenüber dem RealFM-Ansatz auch Anteile des Überwachens und Bedienens, der Störungsbehebung und der Instandsetzung.

 Vergleichbarkeit

Zur Vergleichbarkeit der Preise werden Zyklen für wiederkehrende Aufgaben, ein typisches Störaufkommen und zu inkludierende gewerkeabhängige Instandsetzungspauschalen zugrunde gelegt.

Die Verifizierung der vorliegenden Daten durch den respektive die Dienstleister erfolgt bei dieser Vorgehensweise im Wesentlichen nur noch in Form einer Überprüfung der Mengen und der korrekten Zuordnung der Equipments zu den jeweiligen digitalen Preismodellklassen.

State of the Art

Das DPM ist mittlerweile in mehreren Kundenprojekten erprobt, zeigt eine hohe Abdeckung von typischen Anwendungen, wird natürlich mit jedem weiteren Kunden und Projekt noch verfeinert und gegebenenfalls mit einem notwendigen Matching zu bisher beim Kunden verwendeten Klassifikationskatalogen versehen.

Auch bei Mandaten in ausländischen Standorten und in BIM-Modellen hat es sich bewährt, sodass die Dr. Odin GmbH über ein englischsprachiges DPM verfügt.

Somit bietet das digitale Preismodell für weitere Anwendungen eine hervorragende Grundlage und aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, an Kunden- und Projektspezifika angepasst zu werden und nutzungsspezifische Anlagen zu berücksichtigen.

Derzeit arbeiten die IT-Spezialisten der Dr. Odin GmbH an einer KI-Lösung, die die manuelle Arbeit bei der Zuordnung vorliegender Informationen zur Formulierung einzelner Assets in Anlagenkatastern zu Anlagenklassencodes reduziert beziehungsweise eines Tages überflüssig machen soll. Zudem liegt ein Matching zu den rund 5.000 vorherrschenden Gesetzen und technischen Regelwerken vor, das auch die Anwendung der Anlagenklassencodes zur Abbildung der obliegenden Pflichten als Unterstützung der betrieblichen Organisation ermöglicht.

Die Dr. Odin GmbH ist damit dem Ziel, ein Organisationsverschulden zu verhindern und Betriebskonzepte quasi „per Klick“ ableiten zu können, so nah wie nie zuvor.

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