Starkes Consulting-Geschäft führt Big Four auf deutlichen Wachstumskurs zurück

08.03.2023 – Mindelheim

Die Big Four der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften sind 2022 nach einer pandemiebedingten Schwächephase auf einen deutlichen Wachstumskurs zurückgekehrt. PwC, EY, KPMG und Deloitte zeigen sich unbeeindruckt von der eingetrübten Konjunktur: Alle vier großen Wirtschaftsprüfer erzielten 2021/2022 ein Wachstum. Treiber hierfür war vor allem der Bereich Consulting, der bei allen vier Gesellschaften zweistellig zulegte. Die Beratung von Unternehmen machte im vergangenen Jahr in Summe bereits 44 Prozent der Gesamterlöse der Big Four aus. Der Umsatzanteil, der mit dem ursprünglichen Kerngeschäft Prüfung generiert wurde, ist hingegen bei allen vier großen WP-Gesellschaften gesunken und beträgt nur noch rund 30 Prozent. Auf die Steuerberatung entfielen rund 25 Prozent der Gesamtleistung.

Die Entwicklung der Big Four im Detail

PwC

Beim Branchenprimus PwC brummen die Geschäfte: Der Marktführer in Deutschland wuchs um rund 14 Prozent auf 2,61 Milliarden Euro Gesamtleistung. Starke Wachstumsimpulse verbuchte der Bereich Beratung, der um 24 Prozent zulegte. Auch im Segment der Prüfung bleibt PwC die Nummer eins und kann seinen Vorsprung hier noch ausbauen – wichtige Faktoren waren für PwC neue Mandatsgewinne von Dax-Schwergewichten wie etwa Siemens oder Mercedes-Benz. PwC ist nun der Marktführer in der Prüfung von Dax-Unternehmen und hat von der Prüferrotation deutlich profitiert.

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EY

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Die Gesamtleistung des Branchenzweiten EY ist um 6,5 Prozent auf 2,28 Milliarden Euro gestiegen. EY bleibt im Bereich Tax der Branchenprimus und legt auch im Consulting zweistellig zu. Allerdings büßt EY als einziges der Big-4-Häuser im Bereich Audit ein und verbucht hier einen Umsatzrückgang um 3,7 Prozent. Dies ist nur naheliegend, laboriert EY doch nach wie vor an den Auswirkungen des Wirecard-Skandals. Im Zuge der Prüferrotation wurden Mandate abgegeben, gleichzeitig wurde kein neues Mandat eines kapitalmarktorientierten Unternehmens (PIE-Mandat) gewonnen. EY ist darüber hinaus derzeit stark mit der angekündigten Trennung von Prüfung und Beratung beschäftigt.

KPMG

KPMG steigerte die Gesamtleistung in Deutschland um 9,1 Prozent auf 2,17 Milliarden Euro und schließt deutlich zum Branchenzweiten EY auf. Auch bei KPMG wurde das Geschäft maßgeblich durch die Beratung angetrieben, der Bereich Consulting legte um satte 17 Prozent auf 906 Millionen Euro zu. In der Prüfung legte KPMG ebenfalls zu (+5,2 %), obwohl die Gruppe im Rahmen der durch das FISG festgelegten Prüfungsrotation im DAX 40 nicht zu den Gewinnern der zurückliegenden Jahre zählt und einige namehafte Mandate abgeben musste. Die Durststrecke scheint nun zu Ende, KPMG gewinnt etwa mit MTU Aero Engines oder Siemens Energy neue DAX-Mandate.

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Deloitte

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Auch wenn Deloitte weiterhin das Schlusslicht der vier großen WP-Gesellschaften bleibt – mit einem Umsatzplus von knapp 24 Prozent auf 1,92 Milliarden Euro ist Deloitte der Durchstarter unter den Big Four und nimmt Kurs auf die Umsatzmarke von 2 Milliarden Euro. Außergewöhnliche Zugewinne verbuchte Deloitte im Consulting mit einem Umsatzplus von 46 Prozent. Und auch im Audit wächst die Gesellschaft zweistellig um 11,4 Prozent. Das verwundert nicht, hat Deloitte in den vergangenen Monaten doch etliche DAX-Mandate gewonnen, unter anderem BASF, Deutsche Telekom, Merck oder RWE. Das Prüfhaus scheint damit aktuell der größte Profiteur der Prüferrotation sowie des angeschlagenen Konkurrenten EY zu sein.

Deutlich ist: Der Bereich Consulting wird bei den Big Four immer mehr zum Kerngeschäft. Das liegt einerseits daran, dass das Beratungsbusiness lukrativer ist als die Auditierung. Andererseits ist der Transformations- und Beratungsbedarf bei Unternehmen und der öffentlichen Hand riesig, vor allem in Bezug auf die Megatrends Digitalisierung und ESG. Angesichts der drohenden Rezession wird auch die Restrukturierungsberatung wieder mehr in den Fokus der Big-Four-Consulting-Einheiten rücken. Die großen Vier können aufgrund ihrer Größe und ihres internationalen Netzwerks vor allem bei Sanierungsgutachten und bei umfangreichen internationalen Fällen punkten. Laut dem Finance Magazin bauen die Big Four ihr Restrukturierungsgeschäft aus, die Teams der Sanierungseinheiten wachsen. In der ersten Liga der Restrukturierungsberater werden die Big Four dennoch auch künftig wohl nicht mitspielen – aufgrund drohender Interessenskonflikte bei gleichzeitiger Prüfung und Beratung dürften sie bei Krisenfällen oft nicht zum Zug kommen.

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Jörg Hossenfelder

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