29.07.2024 – Mindelheim
Die Beratungsbranche in Deutschland hat in den letzten Jahren Fortschritte beim Anteil der Frauen unter den Consultants gemacht. Nach aktuellen Lünendonk-Zahlen liegt die Frauenquote in Beratungshäusern in Deutschland im Median bei 28 Prozent. Dies bedeutet einen Anstieg von rund vier Prozentpunkten in den letzten fünf Jahren. Es tut sich also etwas – aber noch zu wenig, gemessen am vorhandenen Potenzial. Seit Jahren gibt es in Deutschland in BWL mehr weibliche als männliche Absolventen, auch in Jura halten sich die Studienabschlüsse bei Frauen und Männern in etwa die Waage. Dennoch suchen (oder finden) viele Frauen nicht den Karriereweg in einer Beratung, obwohl dieser doch als besonders lukrativ und prestigeträchtig gilt. Die Beratungshäuser haben dies längst erkannt – in Zeiten von Fachkräftemangel und dem War for Talents legen sie mittlerweile ein besonderes Augenmerk darauf, Frauen für den Beraterjob zu gewinnen.
New Normal im Consulting: Flexible Arbeitszeitmodelle, weniger Mobilität
Die Consulting-Branche ist traditionell mit intensiven Projektwochen, langen Arbeitstagen und zehrenden Geschäftsreisen verbunden. Das Image, das die Branche lange Zeit gepflegt hat, hat sicher nicht dazu beigetragen, mehr Frauen für die Arbeit in einer Beratung zu begeistern. Allerdings: Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert, auch in der Consulting-Branche. Flexiblere Arbeitsformen und die Zunahme von Remote-Arbeit haben dazu geführt, dass die extremen Anforderungen an die Mobilität, die für die Beratungsbranche charakteristisch sind, weniger geworden sind. Homeoffice und flexible Arbeitsmodelle sind zunehmend akzeptiert und etabliert. Dies bietet insbesondere Frauen bessere Bedingungen, um Beruf und Familie zu vereinbaren und ihre Karriere in der Consulting-Branche auch mit Kindern fortzusetzen.
Dass Frauen hier andere Anforderungen an ihren Arbeitgeber haben, zeigt auch eine Studierendenbefragung des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) und der Verbände studentischer Unternehmensberatungen BDSU, JCNetwork und e-fellows.net. So wünschen sich mehr Frauen (76 %) als Männer (36 %), den Arbeitsumfang Vollzeit/Teilzeit ändern zu können, und auch der Stellenwert von Mobilarbeit wird von Frauen höher gewichtet als bei Männern (96 % vs. 83 %).
Frauen in Führungspositionen noch schwach vertreten
Viele Beratungsunternehmen haben neben flexiblen Arbeitszeitmodellen und neuen Karrierepfaden spezielle Programme zur Förderung von Frauen ins Leben gerufen. Dazu gehören Mentoring-Programme, spezielle Veranstaltungsreihen sowie gezielte Trainings und Workshops für Frauen. Im Sinne der Diversität wird viel für das Thema getan – das zahlt sich aus. Bain & Company berichtet im Gespräch mit dem Handelsblatt, dass bei den Neueinstellungen bereits Geschlechterparität erreicht sei. Bis die Maßnahmen jedoch auch über die Hierarchieebenen hinweg greifen, bedürfe es Zeit. Eine merkliche Ungleichverteilung der Geschlechter über die Hierarchieebenen hinweg stellt auch der BDU fest. Der Bundesverband sieht den Frauenanteil bei den Junior-Consultants bei 38 Prozent, im Senior-Level noch bei 25 Prozent und nur noch bei 14,5 Prozent in der obersten Führungsebene.
Ergo: Auch wenn die Consulting-Branche in Deutschland Fortschritte in Bezug auf die Frauenquote gemacht hat, bleibt noch viel zu tun. Der Wandel, Frauen nicht nur zur rekrutieren und langfristig zu binden, sondern auch in Führungspositionen zu bringen, wird dauern. Die Herausforderung wird darin bestehen, die Arbeitsbedingungen weiter zu flexibilisieren und strukturelle Hürden abzubauen. Nur dann wird es gelingen, die Diversität in der Branche zu erhöhen und langfristig von den vielfältigen Perspektiven und Talenten zu profitieren, die Frauen einbringen.
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