Mittelstand

Volker Worringer
Expense Reduction Analysts (DACH) GmbH
19.10.2020
Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Laut der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) arbeiten 70 Prozent der Beschäftigten in Deutschland bei mittelständischen Unternehmen. Diese Unternehmen sind und waren der Wachstumsmotor der vergangenen Jahre. Grundlage dieser Erfolgsgeschichte waren Innovationen, gut ausgebildete Mitarbeiter und die Fähigkeit, Nischen international erfolgreich zu besetzen.
In den kommenden Jahren wird das Erfolgsmodell des deutschen Mittelstands auf die Probe gestellt. Es gibt mindestens zwei große Trends, die den Mittelstand tiefgreifend verändern werden. Dies sind zum einen der andauernde Fachkräftemangel und zum anderen das Thema Prozessoptimierung durch Digitalisierung. Hinzu kommen exogene Faktoren wie die Covid-19-Krise von 2020. Diese Faktoren beschleunigen die Transformationen.
Für den Mittelstand sind gut ausgebildete Mitarbeiter der entscheidende Wettbewerbsvorteil. Während Konzerne in der jüngsten Vergangenheit Stellen abbauten, stellte der Mittelstand viele neue Mitarbeiter ein. Der andauernde Fachkräftemangel führt jedoch dazu, dass es immer schwieriger wird, Stellen zu besetzen. Dieses Szenario zeigt sich branchenübergreifend: Rund 70 Prozent der Mittelständler berichten über Probleme bei der Stellenbesetzung. Das ist ein Ergebnis der Studie »Digitalisierung und Fachkräftemangel«, erstellt vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), der EBS Universität für Wirtschaft und Recht und Expense Reduction Analysts. Gleichzeitig müssen mittelständische Unternehmen ihre administrativen Prozesse und Produktionsabläufe digitalisieren. Aktuelle Untersuchungen zeigen allerdings, dass Investitionen in Digitalisierungsprojekte eher rückläufig sind.
Sowohl bei der Fachkräftesituation als auch bei der Digitalisierung sind Mittelständler gegenüber Konzernen strukturell benachteiligt. Zum einen fehlt es oft an der Anziehungskraft für hoch qualifizierte Mitarbeiter; dies führt dazu, dass der Mittelstand ungleich höhere Mittel einsetzen muss, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Zum anderen haben mittelständische Unternehmen nicht das Know-how inhouse verfügbar, um Digitalisierungsprojekte erfolgreich durchzuführen.
Für Unternehmen gibt es drei Möglichkeiten, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern:
- Unternehmen werden besser bzw. bieten bessere Produkte und Dienstleistungen an.
- Unternehmen steigern ihre Kosteneffizienz und Kostentransparenz. Sie werden günstiger und erzielen dadurch einen Wettbewerbsvorteil.
- Unternehmen werden schneller. Dabei optimieren sie ihre Prozesse und Abläufe und können so in derselben Zeit mit demselben Aufwand mehr produzieren bzw. mehr Dienstleistungen anbieten.
Vor diesem Hintergrund spielen externe Berater eine wichtige Rolle, um diese Know-how-Lücke im Mittelstand zu schließen. Ein Ergebnis der Studie »Digitalisierung und Fachkräftemangel« war, dass Teams von internen Fachkräften und externen Beratern im Bereich der digitalen Prozessoptimierung die besten Resultate bringen.
Berater muss zum Mittelstand passen
Mittelständische Unternehmen haben sich in der Vergangenheit immer dadurch hervorgetan, praktische und umsetzbare Lösungen zu entwickeln. Dies sollte auch die Maxime der Zusammenarbeit mit einem externen Berater sein. Die erarbeiteten Lösungen müssen umsetzungsorientiert und messbar sein. Zudem sind die Budgets der meisten Mittelständler knapp bemessen. Daher ist eine erfolgsabhängige Honorarabrechnung wichtig. Gerade diese Komponente ist jedoch in der Beraterbranche kaum verbreitet. Nur 2 Prozent der Beratungsprojekte werden laut dem Bundesverband deutscher Unternehmensberater erfolgsabhängig vergütet. Dabei können auch Projekte mit einem prozessualen Fokus mit einer erfolgsabhängigen Komponente versehen werden. Wichtig ist, die Benchmarks richtig zu definieren,
um einen Vorher-nachher-Vergleich durchführen zu können.
Digitalisierungsprojekte richtig starten
Gerade beim Thema Prozessoptimierung ist der erste Schritt der wichtigste. Welche Unternehmensbereiche sollten priorisiert behandelt werden? Dafür gibt es einige Indikatoren, die sich teilweise mit vollautomatisierten Tools wie Potenzial-oder BI-Analysen ermitteln lassen. Im Bereich der administrativen Prozesse können dies zum Beispiel die Anzahl der repetitiven Tätigkeiten, die Summe an ausgehenden und eingehenden Rechnungen, die unterschiedlichen Projektmanagement-Tools etc. sein.
Ein großer Hinderungsgrund für Prozessoptimierungsprojekte ist die schlechte Datenqualität bei mittelständischen Unternehmen. Die Daten liegen zwar alle vor, jedoch in unterschiedlichen Formaten und Qualitäten. Die Aufbereitung dieser Daten, um die ausgewählten Projekte in Angriff nehmen zu können, ist der zweite Schritt.
Wichtig ist: Die Projekte müssen transparent kommuniziert werden. Im Unternehmen darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Prozessoptimierung eine Bedrohung der Arbeitsplätze ist. Vielmehr muss der Mehrwert für jeden Mitarbeiter klar herausgearbeitet werden.
Andauernden Fachkräftemangel überwinden
Mit den Prozessoptimierungen einher geht der andauernde Fachkräftemangel. Alte Jobs fallen weg, neue Berufsprofile entstehen. Dafür müssen die passenden Mitarbeiterprofile gefunden werden. Dass diese Umstellung für den Mittelstand eine große Herausforderung ist, zeigt sich an einer Zahl: 60 Prozent der Unternehmen können Kundenanforderungen aufgrund des Fachkräftemangels nicht mehr vollständig erfüllen. Besonders betroffen davon ist der Mittelstand.
Welche Möglichkeiten hat der Mittelstand, diesem Mangel an qualifiziertem Personal entgegenzutreten? Die Digitalisierung von Prozessen ist ein Schritt. Dadurch können sich die entlasteten Mitarbeiter wesentlich stärker auf wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren. Zudem: Mittelständler mit einem hohen Digitalisierungsgrad ziehen Talente und gut ausgebildete Fachkräfte an. Hier schließt sich der Kreis.
Optimierung entlang der Wertschöpfungskette
Um sich fortlaufend einen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten, müssen sich Unternehmen entlang ihrer Wertschöpfungskette optimieren. Wie können Unternehmen dies sicherstellen? Durch regelmäßiges Hinterfragen von Prozessen, eingekauften Produkten und Dienstleistungen. Da der Mittelstand im Unterschied zu internationalen Konzernen oftmals nicht über die nötigen Ressourcen und technischen sowie analytischen Tools verfügt, sind kreative Lösungen gefragt. Diese können z. B. mit dem externen Input von Praktikern erarbeitet werden. Der Vorteil ist, dass Unternehmen aus den Projekten von anderen branchenähnlichen Unternehmen profitieren können. Dies kann z. B. das Layout und den Bau von neuen Produktions- und Lagerhallen beinhalten. Bevor der Bau beginnt, können so Fehler und langfristige negative Auswirkungen ausgeschlossen oder wenigstens auf ein Minimum reduziert werden.
Eng verbunden mit dem Layout von Produktions- und Lagerhallen ist auch das Supply-Chain-Konzept mit Eingangs- und Ausgangstransporten, Fulfillment, Verpackungen u. a. Für jeden einzelnen Bereich gibt es Spezialisten. Einen echten Vorteil hat ein mittelständisches Unternehmen, wenn diese Leistungen alle aus einer Hand kommen. Die Planung sollte intern von einem Verantwortlichen geleitet werden. Zudem werden die Projekte ganzheitlich gesehen und gedacht und somit weitsichtig entwickelt. Wichtige Fragen sind etwa, welche Schnittstellen und Mitarbeiterprofile in den kommenden Jahren benötigt werden, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.
Nach dem gleichen Muster lässt sich der Einkauf von Marketingdienstleistungen auch in einem mittelständischen Unternehmen professionalisieren. In Konzernen ist es schon gang und gäbe, dass der Einkauf das operative Marketing unterstützt. Dort sitzt oftmals ein Marketer mit Einkaufshintergrund. Ziel ist es, den Wertbeitrag des Marketings sichtbar zu machen. Gerade vor dem Hintergrund der steigenden Online-Marketing-Budgets, die allerdings meist nicht in Relation stehen zum Umsatzwachstum, ist Transparenz wichtig. Diese Transparenz kann durch eine Analyse der Off- und Online-Maßnahmen hergestellt und der Werbedruck kann sichtbar gemacht werden. Das funktioniert allerdings nur, wenn die nötigen Kompetenzen, Mittel und Erfahrungen vorliegen. Im Mittelstand ist dies oft nicht der Fall.
Projektablauf: messbar, umsetzungsorientiert, erfolgsabhängig
Für den Mittelstand stehen messbare, umsetzungsorientierte und erfolgsabhängige Lösungen im Vordergrund. Der Erfolg muss sichtbar sein. Dazu sind mindestens vier Prozessschritte nötig:
Wichtig für den Projekterfolg ist zunächst eine saubere Definition der Ausgangssituation, aus der sich die nächsten Schritte und Maßnahmen ableiten.
Im zweiten Schritt werden diese Maßnahmen ausgearbeitet – mit neuen Prozessen, Lieferanten und/oder Dienstleistern. Hier enden oftmals Beratungsprojekte, was zu einer hohen Unzufriedenheit von Mittelständlern im Umgang mit Beratern führt.
Um den Erfolg transparent zu machen, muss darüber hinausgegangen werden. Stichwort »umsetzungsorientiert«: Gerade der Mittelstand braucht Hilfe bei der Implementierung der Maßnahmen und der Umsetzung von Digitalisierungsinitiativen. Die Ressourcen sind oft nicht vorhanden, diese Implementierung neben dem Tagesgeschäft nachhaltig umzusetzen. Ohne diesen umsetzungsorientierten Ansatz verlieren viele Unternehmen aber schnell an Fahrt.
Und ein letztes Erfolgskriterium: Messbarkeit. Mit fortlaufenden Reportings des Projekterfolgs steigt auch die Akzeptanz der erbrachten Beratungsleistung. Zudem ergibt sich dadurch die Möglichkeit, die Honorierung erfolgsabhängig darzustellen.
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