Thomas Heinevetter
Klaus Mahle
Martin Tydecks
Lünendonk: Herr Tydecks, Herr Heinevetter, Herr Mahle, wir sprechen heute über das große Thema Transformation – groß im Sinne einer wachsenden Bedeutung dieser Thematik innerhalb der VUCA-Welt sowie groß im Hinblick auf die mannigfaltigen Ansatzpunkte in Unternehmen. Wie gelingt es, bei Veränderungsvorhaben nicht den Blick für das Ganze zu verlieren?
Martin Tydecks: Am Anfang stehen immer eine Strategie und ein Ziel – anschließend gilt es, entlang der Strategie auf das Ziel hinzuarbeiten. Um die Transformation zu begleiten, nutzen viele Unternehmen ein Project Management Office (PMO). Dies konzentriert sich häufig nur auf die Statusverfolgung und ist in der Organisation nicht an höchster Stelle angesiedelt. Wir machen gute Erfahrungen mit einem Transformation Management Office (TMO). Dies ist ein kleines, schlagkräftiges Team aus externen Beraterinnen und Beratern und Mitarbeitenden, etwa aus der Strategieabteilung des Kunden. Ein Mandat hat auch der CEO. So wird sichergestellt, dass die Veränderung von der Führungsebene unterstützt wird. Ganz wichtig und ein kritischer Erfolgsfaktor beim TMO ist es, dass neutral, unabhängig und ohne Emotionen gearbeitet wird.
Wichtig ist, dass Fortschritt und Zielerreichung von Veränderungsprozessen kontinuierlich überwacht werden und so eine Transparenz gewährleistet ist. Dabei geht es nicht um Kontrolle, sondern um Coaching und Unterstützung. Der Erfolg von Veränderungsprozessen hängt massiv von einem TMO ab.
Organisationsveränderungen dürfen nicht zu lange dauern, müssen aber behutsam angegangen werden. Wie kann die richtige Balance gefunden werden?
Thomas Heinevetter: Ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Durchführung einer Organisationsveränderung ist ein praxiserprobtes Vorgehensmodell, angepasst an die Organisation, den Umfang angestrebter Veränderung, die Kultur und die Veränderungsbereitschaft. Je stärker Führungskräfte und ausgewählte Beschäftigte in die Gestaltung des Zielbildes eingebunden sind, desto größer ist die Akzeptanz und desto geringer der Widerstand. Zusätzlich empfehlen wir, Veränderungen in Unternehmen frühzeitig und gezielt durch Change- und Kommunikationsmanagement zu begleiten. Wir nutzen dazu unseren datengetriebenen Change-Ansatz, mit dem wir verstehen können, wo jede einzelne Gruppe innerhalb der Organisation steht. So können wir zielgruppenspezifische Change- und Kommunikationsmaßnahmen aufsetzen. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Unterstützung durch externe Beratung. Fehlendes Know-how für den Veränderungsprozess, die Gestaltung des Zielbildes und mangelnde interne Ressourcen werden von unseren Kunden häufig als zentrale Herausforderungen genannt.
Digitalisierung und IT – ohne diese Komponenten sind Consulting-Projekte heute nicht mehr denkbar, oder?
Martin Tydecks: Ja, das bestätigen auch unsere Erfahrungen. Wir sehen klar die Entwicklung, dass Business und IT verschmelzen. Dazu kommen die Digitalisierungsbestrebungen. Wichtig ist aber: Digitalisierung und IT sind kein Selbst- zweck. Im Fokus stehen für uns immer die konkreten Herausforderungen unserer Kunden, die es zu meistern gilt. Wir beobachten aktuell auch, dass sich die klassischen Anfragen rund um Kosten-, Zeit- und Produktivitätsoptimierung erweitern. Es rücken Themen wie bessere Kundenorientierung, optimierte interne Zusammenarbeit, Resilienz und selbstlernende Organisation in den Vordergrund. Aktuell ist auch die Mangelverwaltung der Belegschaft und ihrer Kompetenzen besonders wichtig. Für diese Herausforderungen konzipieren wir gemeinsam mit unseren Kunden einen Lösungsraum, der auch immer die Komponenten Digitalisierung und IT beinhaltet.
Sollte bei dem hohen Stellenwert von IT und Digitalisierung nicht auch der digitale Reifegrad eines Unternehmens in eine Unternehmensbewertung einfließen?
Klaus Mahle: Der digitale Reifegrad eines Unternehmens ist entscheidend für dessen Erfolg. Auch Investoren haben erkannt, dass die IT und Digitalisierung eine zentrale Rolle für die Wertschöpfung eines Unternehmens spielen. Wir beschäftigen uns bei Unternehmenstransaktionen (M&A) mit der Bewertung des digitalen Reifegrades von Unternehmen und führen umfassende IT-Due-Diligence-Analysen durch. Denn nicht erkannte Risiken bei der Digitalisierung drücken die Rendite von M&A-Deals oftmals deutlich.
Hier wäre doch ein Reifegrad-Modell sinnvoll, um eine Vergleichbarkeit herzustellen – gerade bei M&A. Wie gehen Sie hier methodisch vor?
Klaus Mahle: Wir haben über eine Vielzahl von Projekten ein sechsstufiges Analyse- und Reifegrad-Modell entwickelt. Damit ist es uns möglich, ein ganzheitliches Bild der IT zu ermitteln. Gestartet wird mit einem IT-Fitness-Check, um herauszufinden, wie stabil die IT ist und ob es aktuelle Probleme gibt. Im Anschluss wird über den IT-Security-Check geprüft, wie sicher Daten und Prozesse verarbeitet werden. Im dritten Schritt (Greenfield IT) geht es darum, welche Prozesse und Systeme vereinfacht werden können. Welche Altlasten die vorhandene IT hat, wird im vierten Schritt betrachtet. Mithilfe eines IT-Future-Fitness-Checks wird evaluiert, ob die IT für das Zukunftsszenario richtig aufgestellt ist und wo die wesentlichen Handlungsbedarfe liegen. Abschließend wird überprüft, in welcher Position sich die IT für den Merger beziehungsweise das Carve-out befindet. Das Bild, das sich aus der IT-Evaluation ergibt, können wir bewerten und daraus Maßnahmen ableiten, um den Erfolg der Transaktion sicherzustellen.
Besteht die Gefahr, dass vor lauter Technologie- und Effizienz-Fokussierung der Mensch in den Hintergrund rückt?
Klaus Mahle: Es wäre absolut kontraproduktiv, den Faktor Mensch nicht im Blick zu haben. Aus unserer Erfahrung scheitern Technologie-Projekte überwiegend nicht an technischer oder fachlicher Komplexität, sondern daran, dass die Menschen nicht abgeholt wurden. Fehler entstehen schon oft bei der Projektinitialisierung, wenn der Sinn und die Ziele des Vorhabens entweder gar nicht oder nicht zielgruppenorientiert vermittelt werden. Zudem müssen wir oft feststellen, dass die Bedenken der Mitarbeitenden nicht ernst genommen werden. Das kann zu einer bewussten oder unbewussten Blockadehaltung führen. Um dies zu vermeiden, setzen wir unter anderem Methoden des Change Managements ein.
Sie beschreiben den Ansatz von Kobaltblau als eine Mischung aus Beratungs- und Start-up-Mentalität. Was heißt das genau, können Sie uns ein Beispiel geben?
Thomas Heinevetter: Zunächst einmal sind wir anspruchsvoll, was die Erfahrung und Kompetenzen unserer Consultants betrifft. Wir beraten auf CxO-Level und immer auf Augenhöhe mit unseren Kunden. Start-up-Mentalität heißt für uns, frisch und leidenschaftlich zu sein. Wir setzen dabei auch mal durch unkonventionelles Handeln neue Impulse, indem wir unseren Kunden individualisierte Lösungen bieten. Auch innerhalb unseres Unternehmens leben wir dieses Vorgehen. Wir haben schlanke Strukturen mit schnellen Entscheidungswegen, lernen als Organisation ständig dazu und passen unsere Prozesse an. Transparenz ist uns sehr wichtig. Als Geschäftsführung sind wir Teil der direkten Kommunikation und agieren mit unseren Consultants auf Augenhöhe. Außerdem sind alle unsere Mitarbeitenden am Unternehmen beteiligt, sodass sie viel mehr Unternehmerinnen und Unternehmer sind als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Welche Erfolgsfaktoren bei Transformationsprojekten sind aus Ihrer Sicht erfolgskritisch?
Martin Tydecks: Wichtig ist, dass das Management-Team als geschlossenes Team hinter den Zielen steht und die Führungskräfte ihre Mitarbeitenden bei der Veränderung unterstützen und begleiten. Entscheidend sind auch die klare und transparente Kommunikation und klar gesetzte Prioritäten und Ziele.
Das klingt plausibel, aber wie lassen sich Kultur und Mindset der Mitarbeitenden beeinflussen?
Martin Tydecks: Durch klares Vorleben der Veränderung! Nur, wenn das Management ebenso die Kulturveränderung vorlebt, passen sich auch die nachfolgenden Führungsstrukturen an.
Welche neuen Rollen und Skills werden künftig bei den Mitarbeitenden erforderlich sein – auch vor dem Hintergrund von Digitalisierung, Produkt- und Datenorientierung?
Thomas Heinevetter: Hier unterscheiden wir drei Perspektiven: die fachliche, die technische und die persönliche Ebene. Fachlich werden besonders Fähigkeiten wie Transformationsmanagement oder Data Management eine wichtige Rolle spielen. Aber auch die Fähigkeit, reibungslos in fachübergreifenden virtuellen, agilen BizDevOps-Teams zu arbeiten oder mit No-Code- oder Low-Code-Plattformen als »Light-Entwickler«-Applikationen zu bauen, nimmt an Bedeutung zu. Aufgrund der steigenden Verlagerung von Services in die Cloud wird Provider-Management und Multiservice-Management auch ein Teil der täglichen Arbeit, genau wie der Umgang mit Cybersecurity. Bei den technischen Skills geht es vor allem darum, die Basis für die Digitalisierung zu schaffen. Dazu gehört der Umgang mit Automatisierung, Robotics, KI und Machine Learning.
Außerdem sehen wir die Mitarbeitenden zunehmend als Gestaltende, als Unternehmerinnen und Unternehmer und als Innovatorinnen beziehungsweise Innovatoren. Daher sind Skills wie Kundenorientierung, Kommunikationsfähigkeit, Eigenverantwortung, Kreativität, Umgang mit Komplexität, Agilität, Kooperationsfähigkeit oder Design Thinking wichtig.
Kobaltblau gestaltet Veränderung. Was bedeutet dies für die DNA Ihrer Mitarbeitenden an Bord?
Thomas Heinevetter: Unsere Consultants zeichnen sich durch eine Kombination aus hoher fachlicher Expertise, ausgeprägter Empathie sowie Change- und Transformationsmanagement-Fähigkeiten aus. Wir fühlen uns gleichermaßen im Business-Outfit und im Blaumann wohl. Unser Team besteht aus erfahrenen Persönlichkeiten – dabei verzichten wir auf die klassische Pyramide. Unsere Philosophie heißt: Partnerschaftliche Zusammenarbeit – von Mensch zu Mensch.
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