Private Equity in der Wirtschaftsprüfung: Macht der globale Vormarsch auch in Deutschland Schule?

06.02.2025 – Mindelheim

Grant Thornton UK LLP sorgte jüngst für Schlagzeilen, als das Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung an die Private-Equity-Gruppe Cinven verkaufte. Der Schritt markiert eines der bedeutendsten Investments von Fremdkapital im britischen Wirtschaftsprüfungsmarkt. Mit einem Deal-Volumen von geschätzten 1,3 bis 1,5 Milliarden Pfund strebt Grant Thornton an, durch gezielte Investitionen in Technologie und neue Dienstleistungen sowie die Expansion in neue Märkte seine Wettbewerbsposition zu stärken. Diese strategische Partnerschaft zeigt: Private Equity (PE) kann ein bedeutender Wachstumstreiber sein. Doch ist dieses Modell auch für den deutschen Markt für Wirtschaftsprüfung denkbar?

Private Equity in Deutschland: Ein reguliertes Spielfeld

Im Gegensatz zu Großbritannien schränkt die deutsche Wirtschaftsprüferordnung (WPO) Private-Equity-Investitionen stark ein. Nach § 28 WPO müssen die Mehrheit der Stimmrechte und Anteile in den Händen von Wirtschaftsprüfern liegen, um die Unabhängigkeit und Integrität der Prüfung zu gewährleisten. PE-Gesellschaften dürfen sich bislang nur in Minderheitsbeteiligungen engagieren, was ihren Einfluss und die Möglichkeit, umfangreiches Kapital bereitzustellen, stark limitiert. Angesichts des hohen Innovationsdrucks durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz wird eine Lockerung dieser Regelung auch in Deutschland diskutiert, ist jedoch bisher nicht beschlossen. Jedoch nutzen erste WP-Gesellschaften außerhalb der Landesgrenzen Finanzierungsmöglichkeiten. Werden weitere Häuser folgen? Und wie verhalten sich die Regulierungsbehörden?

Private Equity in der Wirtschaftsprüfung
Foto: adobe.stock.com/peshkov

Beispiel Afileon: Private Equity auf dem Vormarsch

Trotz der regulatorischen Einschränkungen gibt es auch in Deutschland Bewegung. Jüngstes prominentes Beispiel ist der Zusammenschluss von rund 20 kleineren deutschen Kanzleien zu Afileon. Dahinter steckt die in Zürich börsennotierte Partners Group – eine Private-Equity-Firma, die mit dem neuen Konstrukt bis 2027 einen Umsatz von 500 Millionen Euro erreichen möchte. Im Fokus der Akquisitionen stehen Wirtschaftsprüfungen und Steuerberatungen im unteren Marktsegment. Alle zugekauften Kanzleien werden GmbH unter einer gemeinsamen Dachgesellschaft, die wiederum zentrale Aufgaben wie Recruiting, Software und IT, Compliance und Branding übernimmt. Sollte dieser Ansatz erfolgreich sein und die anvisierte halbe Milliarde Umsatz erreichen, könnte Afileon in wenigen Jahren das Verfolgerfeld hinter den Big Four anführen.

Diese Entwicklung unterstreicht, dass auch in Deutschland der Druck auf die WP-Branche wächst, sich den Herausforderungen wie Digitalisierung, ESG-Berichterstattung und dem Fachkräftemangel durch innovative Geschäftsmodelle zu stellen – und in diesem Zuge eine kritische Masse zu erreichen, welche Skaleneffekte ermöglicht.

PE und Expertise für Zukunftsthemen

Foto: stock.adobe.com/Song_about_summer

Private Equity bietet der Wirtschaftsprüfungsbranche zahlreiche Chancen, insbesondere für mittelständische Kanzleien, da es finanzielles Kapital für Investitionen in neue Technologien wie KI-gestützte Prüfungssoftware oder die Erweiterung des Dienstleistungsportfolios bereitstellt. Nicht nur bei Ärzten oder Architekten ist diese Strategie zu beobachten – auch die Consulting-Branche haben PE-Häuser seit einiger Zeit für sich entdeckt. Investoren bringen strategische Expertise mit, um Prozesse effizienter zu gestalten und Wachstum gezielt zu skalieren, während Übernahmen und Fusionen anorganisches Wachstum ermöglichen und den Zugang zu neuen Märkten erleichtern.

Interessant ist, dass jüngst auch das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) in einem Beitrag die Diskussion anschob, den Gesellschafterkreis zu öffnen, der bis dato ausschließlich Berufsträgern der Wirtschaftsprüfung offensteht. Angesichts des eklatanten Nachwuchsmangels in der Wirtschaftsprüfung und dem Einzug neuer Disziplinen in die Branche spricht sich der Branchenverband dafür aus, den Berufsstand künftig breiter aufzustellen und den Gesellschafterkreis auch mitarbeitenden Experten, beispielsweise Spezialisten im Bereich Digitalisierung oder ESG, zugänglich zu machen.

Private Equity als Katalysator – mit Einschränkungen

Der britische Markt für Wirtschaftsprüfung zeigt, wie erfolgreich Private Equity als Wachstumstreiber fungieren kann. Für Deutschland bleibt abzuwarten, ob regulatorische Änderungen der WPO in naher Zukunft den Weg für umfassendere Beteiligungen ebnen. Das aktuelle Beispiele von Afileon verdeutlicht jedoch, dass auch hierzulande bereits Ansätze bestehen, um von den Vorteilen privater Investoren zu profitieren – wenn auch in begrenztem Umfang.

Die Zukunft der deutschen Wirtschaftsprüfungsbranche hängt entscheidend davon ab, wie flexibel sie sich an neue Marktanforderungen anpasst. Private Equity in der Wirtschaftsprüfung könnte dabei ein entscheidender Faktor sein, sofern Risiken bewusst gemanagt und regulatorische Hürden überwunden werden.

Themen & Trends

Aktuelles

Ansprechpartner

Jörg Hossenfelder

Managementberatung,
Wirtschaftsprüfung, Real Estate Services