Expertengespräch: Herausforderungen und Trends im Facility Management der Wohnungswirtschaft

Interview mit Uwe Lippmann (Treureal Gebäudeservice), Thomas Wagner (B&O Service), Ulrike Bettge (Apleona), Matthias Laser (Vonovia Wohnumfeld)

Uwe Lippmann

Geschäftsführer
Treureal Gebäudeservice

Thomas Wagner

Vorstand
B&O Service

Ulrike Bettge

Geschäftsführerin
Apleona

Matthias Laser

Regionalleiter / Prokurist
Vonovia Wohnumfeld

Die Wohnungswirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Personalmangel bei den Bestandshaltern, Preisdruck bei Mietern und ambitionierte Nachhaltigkeitsziele. Ein möglicher Lösungsansatz ist die stärkere Zusammenarbeit mit großen und integrierten Gebäudedienstleister. Lünendonk & Hossenfelder hat sich mit den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern von vier führenden Unternehmen zu einem Round Table getroffen.

Lünendonk: Wie entwickelt sich das Thema Gebäudedienstleistungen in der Wohnungswirtschaft? Welche aktuellen Herausforderungen begegnen Ihren Kunden, und wie gehen Sie damit um?

Uwe Lippmann (Treureal Gebäudeservice): Unsere Kundenstruktur ist vielfältig – von kleinen WEG-Anlagen mit wenigen Eigentümern bis hin zu börsennotierten Konzernen. Diese Vielfalt bringt unterschiedliche Herausforderungen mit sich. Eine zentrale Frage ist nach wie vor die Preisstabilität. Kunden wollen verständlicherweise, dass Dienstleisterpreise stabil bleiben. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Es geht um die Gesamtkosten, die Eigentümer tragen müssen, und darum, ob wir die Dienstleistungen in Zeiten von Fachkräftemangel und Ressourcenknappheit zuverlässig erbringen können.

Ein weiteres Thema, das Kunden zunehmend beschäftigt, sind ESG-Anforderungen und Digitalisierung. Kunden fragen, ob wir vorbereitet sind und Lösungen für die kommenden regulatorischen und technologischen Entwicklungen bieten können. Unsere Aufgabe ist es, ihnen diese Sicherheit zu geben, indem wir Innovationen wie digitale Plattformen oder Nachhaltigkeitskonzepte in unsere Leistungen integrieren. Diese Kombination aus Kostendruck und Zukunftsfähigkeit stellt uns täglich vor neue Herausforderungen.

Thomas Wagner (B&O Service): Wir betreuen Bestandshalter zwischen 500 und über 100.000 Wohnungen und kommen so in Summe auf über 620.000 servicierte Wohnungen in Deutschland. Für uns steht an erster Stelle, durch unsere Leistungen die grundlegenden Bedürfnisse des Wohnens sicherzustellen, die für Mieter essenziell sind. Fließendes Wasser, funktionierende Elektrizität – diese Basisversorgung ist nicht verhandelbar, unabhängig von Preisdiskussionen. Fachkräftemangel ist hier eine der größten Hürden, die wir überwinden müssen.

Besonders bei größeren Wohnungsunternehmen beobachten wir eine steigende Nachfrage nach Unterstützung in den Bereichen Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung. Die europäische Vorgabe zur Berichtspflicht sorgt hier für eine erhöhte Dringlichkeit. So erhalten wir beispielsweise Anfragen, wie unsere Dienstleistungen zu den Nachhaltigkeitszielen unserer Kunden beitragen können. Gleichzeitig sehen wir, dass kleinere Unternehmen diese Themen noch vor sich haben, was uns die Möglichkeit gibt, uns als Partner für langfristige Nachhaltigkeitslösungen zu positionieren.

Ulrike Bettge (Apleona): Die Erwartungen der Kunden sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Ein oft genanntes Beispiel: Mieter wollen heute eine Transparenz, wie sie es von Amazon gewohnt sind – etwa die Möglichkeit, den Techniker zu tracken, der ihren Wasserhahn reparieren soll. Doch so einfach ist das nicht. In großen Städten mag dies technisch umsetzbar sein, in kleineren Regionen, wo Fahrtzeiten und Kapazitäten eine Rolle spielen, ist es schlichtweg nicht möglich, diese Anforderungen flächendeckend zu erfüllen.

Zudem stehen wir vor der großen Aufgabe, die Nachhaltigkeitsziele der Wohnungsgesellschaften aktiv zu unterstützen. Mit der Richtlinie 160 der GEFMA, des Verbands der Facility-Service-Unternehmen, bieten wir ein System für die Asset Klasse Wohnen, das Unternehmen dabei unterstützt, den Betrieb von Wohnimmobilien ESG-konform zertifizieren zu lassen. Dabei geht es nicht nur um technische Dienstleistungen, wie Kleinreparaturmanagement, sondern auch um Themen wie CO₂-Reduktion und Energieeffizienz. Ein Beispiel: Viele Kunden fragen uns, wie sie Dekarbonisierungsmaßnahmen umsetzen können, ohne die Budgets zu sprengen. Hier arbeiten wir mit dem Produkt „Green Real Estate“ an Lösungen, die pragmatisch, machbar und nachhaltig sind.

Matthias Laser (Vonovia Wohnumfeld): Die Wohnungswirtschaft verändert sich massiv. Das stellt uns vor die Frage, wie wir als Full-Service-Dienstleister unseren Kunden Mehrwert bieten können. Unser Ziel ist es, so viele Leistungen wie möglich anzubieten – von der Grünflächenpflege über den Winterdienst bis hin zur Gebäudereinigung. Hierfür haben wir klar strukturierte Prozesse – insbesondere bei der Integration neuer Technologien.

Transparenz in Richtung Auftraggeber und Endkunde ist ein gutes Beispiel für neue Anforderungen und Chancen. Wir bieten eine Mieter-App an, mit der wir Transparenz schaffen. Hier können Mieter Informationen zu laufenden Dienstleistungen einsehen. Das baut Vertrauen auf und erhöht gleichzeitig unsere Servicequalität. Gleichzeitig bleibt hohe Qualität und Preisstabilität bei der Erbringung grundlegender Dienstleistungen wie Instandhaltung eine Daueraufgabe. Nachhaltigkeitsthemen, etwa durch die Nutzung von Akkutechnik in der Grünflächenpflege, ist ein weiterer Schwerpunkt, den wir kontinuierlich ausbauen.

Lünendonk: Warum entscheiden sich Kunden, Leistungen bei großen Dienstleistern zu bündeln?

Matthias Laser: Als großer Dienstleister haben wir den Vorteil, dass wir Innovationen testen und umsetzen können, um besser zu werden. Die Arbeit mit KI beispielsweise ermöglicht es uns, den Fachkräftemangel abzufedern und Ressourcen effizienter einzusetzen. Kunden profitieren von unserem Know-how und unseren skalierbaren Lösungen und müssen sich nicht mit allem selbst befassen.

Ulrike Bettge: Ich sehe das zweigeteilt und aus der Perspektive eines infrastrukturellen Dienstleisters. Fonds/Investoren wollen keine eigenen Strukturen aufbauen und sind darauf angewiesen, dass professionelle Dienstleister die Services ganzheitlich erbringen. Da gibt es die Bündelung über die Services hinweg. Je nach Verteilung der Bestände über Bundesländer hinweg, gibt es auch regionale Bündelungen, bei denen die Eigentümer dann meist auf einen überregional aktiven Dienstleister zurückgreifen. Das sehen wir häufig bei Gesellschaften mit einem bundesweit großen Streubesitz.

Bündelungen haben vor allem im technischen Bereich Vorteile, etwa bei der Kombination von Kleinreparaturmanagement und Modernisierung. Hier entstehen klare Synergien. Gleichzeitig bleibt die Entscheidung individuell – einige Kunden schätzen spezialisierte Anbieter in den Einzelgewerken, während andere die Vorteile eines Komplettdienstleisters suchen.

Thomas Wagner: Ich sehe hier keinen einheitlichen Trend. Manche Kunden möchten alles aus einer Hand, andere ziehen Einzelvergaben vor. Grundsätzlich hängt dies maßgeblich von der Strategie des Bestandshalters ab. Für unseren Leistungsbereich stellen wir allerdings fest, dass Handwerksleistungen aus einer Hand stärker nachgefragt werden.

Uwe Lippmann: Viele Kunden erkennen, dass eine Bündelung den eigenen Steuerungsaufwand reduziert und letztlich zur internen Entlastung beiträgt. Die zahlt somit auf die Gesamteffizienz des Prozesses ein. Natürlich spielt auch Versorgungssicherheit eine Rolle. Angemerkt sei auch, dass das klassische Modell der Wohnungswirtschaft mit der persönlichen Einzelbetreuung durch einen Mitarbeiter für alle Aspekte der Immobilienverwaltung immer weniger Bestand hat. Gewachsene Strukturen werden in Frage gestellt. Eine Möglichkeit ist, sich auf die Zusammenarbeit mit stabilen Dienstleistern zu konzentrieren und die Kontrolle auf ein Minimum zu reduzieren. Hier leisten wir als stabiler Partner unseren Beitrag.

Lünendonk: Welchen Beitrag leisten Gebäudedienstleister zu dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit, das ja gerade in Bezug auf die Wohnungswirtschaft intensiv diskutiert wird?

Ulrike Bettge: Wir sind „nur“ Dienstleister und unterbreiten gerne Vorschläge im Rahmen von „Green Real Estate“, die unsere Kunden dann gerne annehmen können aber nicht müssen. Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur CO₂-Reduktion, sondern auch einen Paradigmenwechsel in der Wohnungswirtschaft. Ein Beispiel: Reparieren statt ersetzen. Das entspricht nicht immer der Erwartungshaltung der Mieter und führt zu Unverständnis. Hier müssen die Wohnungsgesellschaften mit den Dienstleistern gemeinsam an der Erwartungshaltung der Mieter arbeiten, damit diese Denkweise in allen Köpfen ankommen kann.

Als Dienstleister können wir unseren Kunden nachweisen, dass wir ESG-konform aufgestellt sind und so als Partner der Wohnungswirtschaft bereits unseren Beitrag leisten.

Matthias Laser: Wir setzen auf Innovationen wie etwa Blühwiesen und den Einsatz von grüner Akkutechnik und setzen als einziger Dienstleister flächendeckend Akku-Geräte in der Grünanlagenpflege ein. Konzernziel von Vonovia ist es, bis 2045 klimaneutral zu sein. Wir sind überzeugt, dass auch in den nächsten Jahren die Nachfrage nach Beratung zu Nachhaltigkeit bei Immobilien an Bedeutung gewinnen wird. Die Nachfrage am Markt nimmt nimmt deutlich zu.

Thomas Wagner: Nachhaltigkeit ist für uns kein Add-on, sondern Kernbestandteil unserer Dienstleistungen. Zudem entwickeln wir aktuell Konzepte, um Wohnungsmodernisierungen und Instandhaltung noch nachhaltiger zu gestalten – von der Materialauswahl bis zur Umsetzung.

Da wir bei unserem Serviceprodukt Instandhaltung mit Pauschalen und nicht auf Einzelbasis arbeiten, ist der Gedanke der Nachhaltigkeit im Sinne einer langlebigen und effizienten Lösung tief verankert. Reparieren statt Austauschen ist nachhaltig und ein wirtschaftlicher Anreiz für uns als Dienstleister.

Es ist aber nicht sinnvoll, dass jedes Wohnungsunternehmen sich separat Gedanken macht, was die nachhaltigsten Maßnahmen sind. Das sollten wir Experten überlassen. Wir stellen fest, dass es Anfragen von Unternehmen gibt, die sich mit der Modernisierung von Wohnungen und Nachhaltigkeit intensiv befassen. Dabei geht es um die Frage, wie Nachhaltigkeit in verschiedenen Stufen umgesetzt werden kann. Wir arbeiten derzeit an einer Lösung, um die Nachhaltigkeit von Modernisierungsmaßnahmen in unserem Unternehmen abzubilden. Unser Ziel ist es, die Wohnungsmodernisierung und Instandhaltung um eine beratende Leistung zu erweitern, um unsere Kunden bei der Auswahl nachhaltiger Produkte zu unterstützen.

Uwe Lippmann: Die Berichtspflichten zu ESG werden immer komplexer, und viele Auftraggeber erwarten hier fundierte Daten. Wir arbeiten daran, diese Anforderungen auf Gruppenebene zu erfüllen. Aktuell bieten wir eine ganze Reihe von praktikablen Lösungen und Ansätzen in der täglichen Umsetzung. Emissionsarme Maschinen auf Akkubasis, in Quartieren den Einsatz von Lastenfahrrädern, das Anlegen und Pflegen von Blühwiesen, um nur einige zu nennen. Auch der soziale Aspekt im Umgang mit Mitarbeitern spielt eine maßgebliche Rolle.

Lünendonk: Zum Schluss: Warum sollten Bestandshalter zukünftig mit Ihnen zusammenarbeiten und Dienstleistungen gebündelt vergeben?

Thomas Wagner: Ich glaube daran, dass es sinnvoll ist in unseren Wirtschaftsbereichen einzelne Wertschöpfungspartner zu haben, die sich spezialisieren und fokussieren. Durch die Bündelung von Know-how und Kapazitäten können wir unseren Kundinnen und Kunden einen echten Mehrwert liefern und sie bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützen. Wir konzentrieren uns darauf, Handwerksleistungen sinnvoller, nachhaltiger und effizienter zu gestalten. Dies und nichts anderes machen wir an 365 Tagen im Jahr mit rund 1.800 Kolleginnen und Kollegen, deutschlandweit. Das ist der Grund, warum ich sagen würde: Lieber Kunde, du kannst mir die Instandhaltung und Modernisierung deiner Wohneinheiten anvertrauen. Und damit hast du einen erfahrenen, langfristigen und verlässlichen Partner an der Seite.

Matthias Laser:  Wir sind seit vielen Jahren ein zuverlässiger Partner, erfolgreich am Markt etabliert und mit einem führenden Wohnungsanbieter in Deutschland verbunden. Wir bieten daher einen großen Erfahrungsschatz und wertvolle Impulse für die umfassende Betreuung einer Immobilie. Mit unserem Know-how und unseren zuverlässigen und engagierten Mitarbeitern sind wir ein starker Partner, mit dem eine erfolgreiche Zusammenarbeit möglich ist.

Ulrike Bettge: Mit unserem Leistungsspektrum im infrastrukturellen, wie im technischen Bereich arbeiten wir für Wohnungsgenossenschaften bis hin zu börsennotierten Unternehmen. Mit dieser umfassenden Erfahrung und Aufstellung sehen wir uns als verlässlicher Partner der Wohnungswirtschaft, insbesondere dann, wenn es darum geht sich nachhaltig und innovativ weiterzuentwickeln. Innovation ist nicht unbedingt das Steckenpferd der Wohnungswirtschaft, deshalb setzen wir hier gerne an und begleiten bei Generierung und Umsetzung neuer Ideen. Dabei stehen wir auch bei Themen zur Verfügung, die auf den ersten Blick vielleicht nicht direkt mit unseren Services in Verbindung gebracht werden.

Als Teil eines Konzernverbunds verfügen wir über ein weitreichendes Leistungsspektrum und tiefgehendes Know-how, mit dem wir die Wohnungswirtschaft gerne umfassend und vorausschauend beraten.

Lünendonk: Herzlichen Dank für das Gespräch und die Einblicke.

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