Der Facility-Management-Markt in Österreich: das sprichwörtliche „gallische Dorf“?

24.01.2022 – Mindelheim

Betrachtet man den globalen Facility-Management-Markt der letzten Jahre, so sind neben anderen Megatrends bei der Vergabe von Leistungen zwei Entwicklungen hervorstechend: Es werden tendenziell mehr transnationale Pakete gebündelt an jeweils einen Dienstleister vergeben; und der beauftragte FM-Anbieter übernimmt dabei immer öfter ein komplettes Leistungsportfolio, das nicht nur verschiedene Services bündelt, sondern auch die Auftragssteuerung selbst outsourct – echtes integriertes FM also. Auf lokaler, nationaler Ebene verbleibt die bloße Leistungserbringung.

Strikt separate Leistungsvergabe dominiert in Österreich

Der Markt in Österreich unterscheidet sich von anderen Ländern in genau diesem Verständnis des Outsourcings. „In Österreich geht es immer noch oft nur um die reine, trennscharfe Leistungsvergabe“, so ein Entscheider eines FM-Unternehmens in der Alpenrepublik. Der Kunde gibt in den seltensten Fällen die Steuerung der Leistungen aus der Hand – und auch die Bündelung von infrastrukturellen und technischen Services ist eher eine Ausnahme. Bei großen internationalen Tendern ist es nicht ungewöhnlich, dass die österreichischen Liegenschaften des Kunden gesondert behandelt werden – sie sind oft schlicht nicht Teil der Ausschreibung, oder werden als Ausnahme gesondert an einen separaten Dienstleister vergeben. Sie bewahren ihre eigenen FM-Strukturen und behalten die direkte Kontrolle über die eingesetzten Dienstleister.

Lokale, mittelständische Anbieter sind auf dem Markt vorherrschend

Die Gründe dafür sind vielfältig. So sind die großen, internationalen FM-Serviceprovider in Österreich nicht so präsent wie in anderen Ländern (siehe hierzu die Lünendonk-Studie 2020) – dem Marktführer ISS folgten laut der letzten Erhebung mit einigem Abstand Sodexo, Dussmann und Engie (ab Februar 2022 Equans) auf den Plätzen drei bis fünf. Platz zwei wurde von der österreichischen Simacek Facility Management Group belegt, und insgesamt zehn der Top-20-FM-Unternehmen sind Firmen mit mehr oder weniger ausschließlichem Fokus auf den österreichischen Markt. Außerdem gibt es eine große Anzahl von weiteren mittelständischen Anbietern, die in bestimmten Regionen oder bei bestimmten Branchen stark verwurzelt sind. Es bietet sich für den Kunden also oft an, mit bewährten Partnern weiterzuarbeiten anstatt mit einem international agierendem Dienstleister zu kooperieren, in dessen Wahrnehmung Österreich nur einen geringen Stellenwert haben könnte.

Hinzu kommt, dass sich der Markt sehr auf den Großraum Wien und den Osten des Landes fokussiert – dort sind integrierte und internationale FM-Verträge denn auch allein schon wegen der Größe der ansässigen Kunden deutlich häufiger anzutreffen als in Westösterreich, wo lokale Anbieter dominieren. Inwiefern hier außerdem der kulturelle Aspekt einer „österreichischen Eigenständigkeit“ zum Tragen kommt – darüber kann und darf spekuliert werden. Sicher ist, dass Österreich in der internationalen, integrierten Leistungsbündelung oft noch die Rolle des berühmten „gallischen Dorfes“ hat.

Lünendonk-Studie zum österreichischen FM-Markt wird im Sommer 2022 veröffentlicht

Lünendonk beobachtet den österreichischen FM–Markt systematisch seit 2015 – zuletzt erschien die detaillierte Marktanalyse 2020. Die Neuauflage der Studie „Facility-Service-Unternehmen in Österreich“ erscheint im Sommer 2022 – die Feldphase mit einer umfassenden Marktbefragung zu aktuellen Themen, Zahlen, Daten und Fakten startet in Kürze!

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Facility Management & Instandhaltung, Zeitarbeit