Data Strategy: Auf dem Weg zur Data Centric Company

Businessman analyzing a business analytics (BA) or intelligence (BI) dashboard on virtual screen showing sales and operations data statistics charts and key performance indicators (KPI)
Quelle: istockphoto.com/NicoElNino
Marcus Berlin

Marcus Berlin

ist Experte für Datenanalyse und Künstliche Intelligenz. Er unterstützt Unternehmen in den Feldern Datenstrategie, Data Governance und bei der Gestaltung datengetriebener Geschäftsmodelle.
Steffen Kuhn

Steffen Kuhn

gründete das Digital Engineering Center bei Detecon. Er ist Experte für disruptive Technologien, Innovationsstrategien und zukünftige Geschäftsmodelle und leitet den Geschäftsbereich Digital Innovation.
Dr. Volker Rieger

Dr. Volker Rieger

verantwortet bei Detecon das Beratungsfeld Value Creation & Strategy. Er beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Veränderung von Geschäftsmodellen aufgrund Digitalisierung.

Den Wert von Daten für die Geschäftsentwicklung wird heute niemand mehr ernsthaft bestreiten. Die fünf wertvollsten Unternehmen der Welt – gemessen an ihrer Marktkapitalisierung – verbindet, dass Daten eine wesentliche Grundlage ihres Geschäftsmodells sind. Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon und Tesla verstehen sich selbst als datenzentrierte Firmen, deren Geschäftsmodell auf der Verwertung von Daten besteht, die Daten als Rohstoff für ihre Produkte und Serviceangebote nutzen und die ihre internen Entscheidungen auf Basis von Datenanalysen treffen.

Der datenzentrierte Ansatz dieser Unternehmen ist für viele Organisationen zum Vorbild geworden. So wundert es nicht, dass 84 Prozent der Geschäftsanalysten in einer Forrester-Studie aus dem Jahr 2020 die Ansicht vertreten, dass es »sehr wichtig oder kritisch« ist, Daten in den Mittelpunkt wichtiger Geschäftsentscheidungen zu stellen. In der Praxis setzt dies aber nur die Hälfte um. Die vor 35 Jahren getroffene Beobachtung von Robert Waterman, dass Unternehmen »datenreich und informationsarm« sind, trifft vielerorts heute noch zu.

Unternehmen sammeln Daten, tun aber selten etwas damit

Aus eigenen Erhebungen und Gesprächen hat Detecon die Erkenntnis gewonnen, dass in vielen Unternehmen zwar immer mehr Daten gesammelt werden, jedoch kaum etwas aktiv damit unternommen wird.

So verfolgen schätzungsweise rund die Hälfte der Unternehmen in der Mobilitätsbranche einen Big-Data-Ansatz, um so viele Daten wie möglich zu sammeln und zu speichern. Viele der Unternehmen sind jedoch noch nicht in der Lage, aus den gesammelten Daten Informationen und Wissen abzuleiten, und scheitern an der Wertschöpfung.

Die fortschreitende Digitalisierung von Prozessen, verbunden mit der zunehmenden Vernetzung, dem Einsatz von IoT-Geräten und KI, lässt den Datensee kontinuierlich wachsen. Deshalb werden das Datenmanagement und vor allem die Entwicklung einer Datenstrategie immer wichtiger. Denn damit können sich Unternehmen in ihrer Branche einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Datenmanagement gehört zur Geschäftsstrategie

Auf dem Weg zu einem datenzentrierten Unternehmen (Data Centric Company) wird es auch um eine Neuverteilung von Ressourcen sowie den Aufbau neuer Fähigkeiten gehen müssen. Deswegen ist es unserer Erfahrung nach notwendig, die Datenstrategie und die Zuweisung von Ressourcen in der Geschäftsstrategie zu verankern. Exemplarisch beschreibt dies etwa BASF: »Die Digitalisierung ist ein integraler Bestandteil unseres Geschäfts. Wir wollen die Verfügbarkeit und Qualität unserer Prozessdaten deutlich verbessern.« Ähnlich formuliert es die Allianz: »Die Allianz erkennt Daten und Analysen als wichtige Triebkräfte für den zukünftigen Erfolg an, mit dem übergeordneten Ziel, eine datenorientierte Entscheidungskultur zu implementieren.«

Allerdings versäumen es viele Unternehmen, der Absichtserklärung den nächsten Schritt folgen zu lassen. Es mangelt an der Formulierung und Umsetzung einer tiefgreifenden Datenstrategie.

Concept of digital diagram,graph interfaces,virtual screen,connections icon on blurred background.Coworking team meeting
istockphoto.com/Pinkypills

Der Weg vom Datensammeln zu echter Wertschöpfung

Eine gute Datenstrategie ruht auf zwei Säulen: Das Unternehmen muss den geschäftskritischen Wert von Daten erkannt haben. Und es muss sich als datenzentriertes Unternehmen verstehen. Beides erfordert in vielen Organisationen einen Wandel des Selbstverständnisses.

Datenzentriertes Arbeiten umfasst mehr, als sich um die Pflege von Stammdaten oder Transaktionsdaten zu kümmern. Datenzentriertes Arbeiten integriert Daten und Analysen vielmehr in alle Unternehmensfunktionen. Hier muss die Unternehmensführung alle Beteiligten davon überzeugen, dass datenzentriertes Arbeiten erforderlich ist, um besser auf die sich ständig verändernden Marktbedingungen zu reagieren. Die Kernbotschaft, dass die Umsetzung einer Datenstrategie einen echten Mehrwert für das Unternehmen schafft, muss sich zunächst in den Köpfen aller Beschäftigten verankern.

Um eine zusätzliche Wertschöpfung zu erreichen, fokussiert sich die Entwicklung einer passenden Datenstrategie auf der operativen Ebene auf fünf wichtige Aspekte:

  • Ermittlung der Anforderungen
  • Technologie
  • Data Governance
  • Fähigkeiten und Kultur
  • Implementierung

Im Rahmen der Anforderungen gilt es zunächst, den Wert von Daten zu identifizieren. Dazu gehört auch die Identifikation von Geschäftsbereichen, in denen Daten eine stärkere Rolle spielen sollen. In welchen Bereichen will das Unternehmen wachsen? Wie können Daten und Analysen hier unterstützen? Wo können Daten etwas verändern, verbessern oder Prozesse optimieren? Diese Grundüberlegungen helfen dabei, die erforderlichen Datenmerkmale – zum Beispiel in Echtzeit oder echtzeitnah, intern oder extern, strukturiert oder unstrukturiert – zu ermitteln. Daraus können dann Prognosen zum Volumen, der Verarbeitungsgeschwindigkeit und der Vielfalt der Daten erstellt werden, um so die in der Gschäftsstrategie definierten Ziele zu erreichen.

Im zweiten Schritt sind auf einer hohen Ebene die Technologien zu betrachten, die erforderlich sind, um den höchsten Datenwert zu erzielen. Dabei ist die gesamte Datenwertschöpfungskette zu berücksichtigen: die Erfassung, Verwaltung, Umwandlung, Analyse, Visualisierung und Speicherung von Daten zur Unterstützung der datenzentrierten Wertschöpfung für das Unternehmen.

Im dritten Schritt wird die Data Governance geklärt. Sie legt fest, welche Richtlinien die Korrektheit der Daten gewährleisten, um inkonsistente oder redundante Daten aussortieren zu können. Data Governance berücksichtigt auch den Zugriff, die Ethik im Umgang mit Daten und den Schutz vor unbefugter Nutzung.

Im vierten Schritt muss über erforderliche Fähigkeiten und die Unternehmenskultur nachgedacht werden. So ist etwa die Entscheidung zu treffen, ob datenzentriertes Arbeiten durch die Weiterbildung des vorhandenen Personals erreicht werden kann oder neue Mitarbeitende gewonnen werden müssen. Es stellt sich auch die Frage nach der Auslagerung respektive dem Zukauf von Datenanalysen. Verschiedene geschäftliche Anwendungsfälle, wie Preisprognosen oder Kundensegmentierung, sind bereits Teil des Angebots einer Reihe von Dienstleistern. Langfristig erfordert der Aufbau einer Datenstrategie eine Veränderung der Unternehmenskultur. Die Herausforderung besteht in der »Demokratisierung« der Datennutzung; das bedeutet, so vielen Beschäftigten wie möglich Zugang zu den Daten zu verschaffen und ihnen die Fähigkeiten zu vermitteln und die Werkzeuge an die Hand zu geben, um Daten in den Mittelpunkt der Entscheidungsfindung und des Geschäftsbetriebs zu stellen.

Im fünften Schritt geht es schließlich um die Etappen der Umsetzungsphase: Viele Unternehmen beginnen mit ausgewählten Anwendungsfällen in Unternehmensfunktionen, die sich am ehesten auf die Geschäftsziele beziehen. Um den Erfolg der Maßnahmen zu überprüfen, sollte ein Zeitplan aufgestellt und Kennzahlen definiert werden, mit denen Fortschritte beurteilen werden können.

Zusammengefasst: Eine Datenstrategie muss einen Zeitplan und die erforderlichen Ressourcen sowie die technischen Bedingungen für die Einführung definieren und eine erfolgreiche Integration in das Unternehmen erreichen. Aktuelle datenbezogene Aktivitäten sind in vielen Unternehmen oft zu operativ und isoliert, zu kurzfristig und zu wenig mit den allgemeinen Geschäftsstrategien verbunden, um eine »Data Centric Company« zu etablieren.

Die Entwicklung der Rolle von Daten
Die Entwicklung der Rolle von Daten
Quelle: Detecon (nach: Inan Gür, Markus Spiekermann: Data Strategy Praxis Report. Tools and Approaches in the Current Data Economy, Fraunhofer Institute for Software and Systems Engineering ISST, 2020)

Technologische Voraussetzungen für die Implementierung schaffen

Eng verbunden mit der Implementierung einer Datenstrategie ist ihre technologische Umsetzung. Zu den technologischen Grundlagen einer »Data Centric Company« gehören:

  • Auswahl der Datenverwaltungstechnologien: Um möglichst viele geschäftliche Anwendungsfälle zu unterstützen, kommt in aller Regel ein Mix aus unterschiedlichen Lösungen zum Einsatz: relationale Datenbankmanagementsysteme (RDBMS) für strukturierte Daten, NoSQL für unstrukturierte und semistrukturierte Daten, NewSQL für Echtzeitanalysen und prädiktive Analysen sowie Big-Data-Lösungen wie Hadoop Distributed File System (HDFS).
  • Datentransformation: Sie umfasst die Bereinigung, Validierung und Formatierung verfügbarer Daten, um sie für die anschließende Analyse vorzubereiten.
  • Auswahl von Lösungen für die Datenvisualisierung: In den aktuellen Analysen von Gartner werden die Analytics- und Business-Intelligence-Plattformen von Microsoft Power BI, Tableau sowie das KI-gesteuerte Qlik als führend angesehen.
  • Definition und Auswahl der Speichertechnologien: Hier können Unternehmen auf Data Lakes zurückgreifen, um Daten zu relativ geringen Kosten zu speichern. Ein Data Lake umfasst ein unternehmensweites Data Warehouse (EDW) sowie Data Marts mit themenspezifischen Data Warehouses für jede Funktionseinheit. Während die Speicherung aller Arten von Daten in einem Data Lake das Abrufen von Daten umständlich macht, bieten Dataspace-Plattformen die Mittel zur Suche und Abfrage der Metadaten, um das Abrufen von Daten zu unterstützen.

Den nächsten Schritt wagen: datenzentriert zur Geschäftsstrategie

Der hier skizzierte Weg zu einer Datenstrategie und damit die Transformation in Richtung einer datenzentrierten Organisation ist ein sinnvoller Ansatz für alle Unternehmen, die noch keinerlei Datenstrategie entwickelt haben. In diesem Fall folgt der »Datenansatz« dem Geschäftsansatz.

Noch selten nutzen Firmen ihre Daten und Analytik bei der Entwicklung der übergreifenden Unternehmensstrategie. Nach der erfolgreichen Einführung und Umsetzung einer Datenstrategie sollten Unternehmen den nächsten Schritt gehen, nämlich Daten auch in der Definition der Geschäftsstrategie zu nutzen.

Fortgeschrittene Analysen können zum Beispiel zur Identifizierung von Trends in der Frühphase oder zur Aufdeckung von Wachstumschancen eingesetzt werden. Mit intelligenter Textanalyse, einschließlich »Stimmungsanalysen« und Netzwerkanalyse von Daten aus öffentlichen Informationen, können Muster gefunden werden, um sich abzeichnende Trends oder Perspektiven für die Kundenstimmung zu ermitteln. Öffentliche Quellen können etwa Webseiten, Unternehmensbeschreibungen, Patentanmeldungen, Nachrichtenquellen, Berichte über klinische Studien, Fusions- und Übernahmedaten oder akademische Abhandlungen sein. Zusätzlich können diese Analysen neue attraktive Kundensegmente und Akquisitionsziele, Ideen für neue Produkte und Dienstleistungen oder sogar neue Anwendungen für bestehende Angebote aufdecken.

Mathematische Modelle und Simulationen tragen dazu bei, komplexe Marktdynamiken zu antizipieren. Modellierung und Simulationen, Monte-Carlo-Analysen und eine Vielzahl von Ansätzen des maschinellen Lernens lassen sich nutzen, um verschiedene Zukunftsszenarien zu beschreiben und eine Bewertung ihrer Risiken zu erhalten oder um wichtige Kompromisse und Annahmen im Zusammenhang mit verschiedenen strategischen Entscheidungen aufzuzeigen.

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Quelle: istockphoto.com/Lalin
Ralf Pichler

Ralf Pichler

Chief Executive Officer Detecon

Was unterscheidet Detecon von anderen Beratungen?

Bei Detecon dreht sich fast alles um das Thema technologische Transformation. Als Management- und Technologieberatung unterstützen wir Kunden weltweilt dabei, mithilfe digitaler Geschäftsmodelle und unter Einsatz von Digitaltechnologie nachhaltig erfolgreich zu sein. Dabei heben wir uns nicht nur durch unsere große Erfahrung in den Bereichen Hyperkonnektivität und digitale Ökosysteme ab, sondern auch durch unseren Beratungsansatz. Denn, und das mag widersprüchlich klingen: Für uns steht die Technologie nicht im Vordergrund. Wir stülpen nicht einfach Technologie über ein Problem in der Hoffnung, dass es dadurch verschwindet. Uns geht es um das größere Ganze. Wir helfen unseren Kunden, die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert werden, nachhaltig zu verstehen und in technische Anforderungen zu übersetzen, die den Einsatz bestimmter Technologie legitimieren.

Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für Ihre Kunden im kommenden Jahr?

Wir haben in den vergangenen Jahren viel vom New Normal als Heilsversprechen für die Wirtschaft gesprochen. Ich glaube jedoch, wir müssen uns mittlerweile für eine Zeit des »No Normal« rüsten – und den dafür nötigen Mindset kultivieren. Der Krisenmodus wird zum Dauerzustand, Resilienz das Gebot der Stunde. Konkret bedeutet dies: Neben größeren Anstrengungen zu mehr Nachhaltigkeit wird besonders die Notwendigkeit verlässlicherer Lieferketten unsere Kunden weiterhin beschäftigen. Auch die Frage nach einem neuen Verständnis von Globalisierung, das stärker auf regionale Produktionskapazitäten setzt, steht im Raum. In diesem Rahmen wird auch das Thema Cyber Security weiter an Bedeutung gewinnen.

Welche Zukunftsthemen und Technologietrends sind Ihrer Meinung nach von größter Bedeutung angesichts der derzeitigen Weltlage?

Die wohl wichtigsten Zukunftsthemen bestimmen schon längst unsere Gegenwart: Nachhaltigkeit und Resilienz. Wir müssen Antworten auf den Klimawandel finden, genauso, wie wir den Forderungen nach mehr Sicherheit gerecht werden müssen. Die Hyperkonnektivität und die Flut an Daten, die sie nach sich zieht, werden dabei von entscheidender Wichtigkeit sein. Noch relevanter werden jedoch all jene Technologien sein, die das Potenzial dieser Daten im Sinne der Digitalisierung wirklich zu ihrem Recht kommen lassen. Denn nur richtig genutzte Daten schaffen die Transparenz, die es braucht, um Veränderungen herbeizuführen.

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