23.05.2023 – Mindelheim
Laut der aktuellen Branchenstudie des BDU betrug in Deutschland der Gesamtumsatz von Consultants mit ihren Kunden im Jahr 2022 43,7 Milliarden Euro – ungefähr ein Zehntel hiervon wurde durch Beratungen der öffentlichen Hand generiert. Der Anteil von Beratungen des öffentlichen Sektors am Gesamtumsatz liegt schon seit Jahren zwischen 9 bis 10 Prozent – es handelt sich also um ein Milliardengeschäft. Demnach ist es nicht verwunderlich, dass dieses Beratungssegment auch das Interesse aufmerksamer Branchenbeobachter weckt. Im April erschienen gleich zwei neue Werke, die das Verhältnis zwischen öffentlicher Hand und Beratern genauer unter die Lupe nehmen.
„Die Berater-Republik“
So widmet sich Professor Thomas Deelmann, langjähriger Beobachter der Branche, in seinem Buch „Die Berater Republik“ auf nutzerorientierte Art und Weise intensiver dieser Thematik. Nicht zuletzt die Berateraffäre der Bundeswehr im Jahr 2020 hat in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, dass die Bundesregierung in großem Stil externe Berater aus Steuermitteln beschäftigt. Professor Deelmann setzt sich eingehend hiermit auseinander und diskutiert dabei das Aufeinandertreffen zwischen Staatsbediensteten und Beratern.
Er zeigt hierbei auf, wie unterschiedlich die Denk- und Handelsmuster sind – während sich das Handeln des Staatsbediensteten zumeist am Gemeinwohl orientiere, arbeite der Berater hingegen gewinnorientiert. Dabei spricht Professor Deelmann davon, dass durch den zunehmenden Rückgriff des öffentlichen Sektors auf externe Berater eine regelrechte „Berater Republik“ entstanden sei, und wie Berater hierdurch in den letzten Jahren Milliarden an Staat und Unternehmen verdienen konnten. In seinem Buch thematisiert er sowohl die Beweggründe für die Beauftragung aus Sicht der öffentlichen Hand, als auch die Geschäftsmodelle der Berater. Neben den Vorteilen, die externe Berater mitbringen, veranschaulicht er auch, welche Gefahren dieser Bereich bergen kann. Ein Werk, das kein Lehrbuch im klassischen Sinne ist, sondern mit dem Professor Deelmann sowohl informieren als auch unterhalten will.
„Die große Consulting Show“
Aus einer internationaleren Sicht widmet sich die Wirtschaftswissenschaftlerin und Professorin Mariana Mazzucato in ihrem Buch „Die große Consulting Show“ gemeinsam mit ihrer Doktorandin Rosie Collington dem Verhältnis zwischen der Beraterszene und dem Staat. Das Buch geht der Frage nach, inwiefern Berater die Regierungsgeschäfte und somit auch die Gesetzgebung beeinflussen, wodurch ein Outsourcing staatlicher Aufgaben stattfinde. Hierdurch verlerne der Staat, wie er seine eigenen Aufgaben zu erfüllen habe – die Gefahr einer Machtverschiebung drohe. Nicht zuletzt entstehe so auch ein undurchschaubares System von Verträgen, womit sich die Frage nach den Verantwortlichkeiten stelle. Professor Mazzucato und Frau Collington decken diese Machtverschiebungen und Abhängigkeiten auf, zeigen dabei aber auch einen Weg zur Stärkung des öffentlichen Sektors und damit auch der Demokratie auf.
Beide Werke setzen sich durchaus informativ, aber auch kritisch mit der Beraterszene auseinander.
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