Wirtschaftsprüfung: Marktdynamik sorgt für zahlreiche Positionswechsel im Branchen-Ranking

05.07.2021 – Frankfurt am Main/Mindelheim

  • Top 25 wachsen 2020 im Mittel um 5,3 Prozent

  • Mazars und RSM legen um je 15 Prozent zu

  • Gebremstes Wachstum der Big Four

  • Gesetzgebung bereitet der Branche Sorgen

  • Neue Lünendonk-Liste 2021 veröffentlicht

Trotz der Covid-19-Einflüsse auf die Volkswirtschaft sind die 25 nach Umsatz größten deutschen Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften (WP) im Geschäftsjahr 2020 im Mittel um 5,3 Prozent gewachsen. Im Vorjahr 2019 betrug der Umsatzanstieg im Durchschnitt indes noch 6,4 Prozent. Deutlich abgekühlt zeigt sich die Wachstumsdynamik der vier größten WP-Gesellschaften Deloitte, EY, KPMG und PwC: Nach einem Plus von 9,1 Prozent im Geschäftsjahr 2019 lag der Anstieg in 2020 bei 2,6 Prozent.

Auffällig sind die überdurchschnittlichen Entwicklungen von Mazars (+15,1%) und RSM (+14,9%). Auch Bansbach, Ebner Stolz und ETL legten innerhalb der Top 25 zweistellig zu. Neben den hohen Anstrengungen bei Rekrutierung und Digitalisierung müssen sich die Prüfer aktuell mit dem neuen Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) auseinandersetzen. Das sind erste Ergebnisse der Lünendonk-Liste und ‑Studie 2021 „Führende Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-Gesellschaften in Deutschland“, die das Marktforschungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder, Mindelheim, in Frankfurt (Main) veröffentlichte. Das Ranking steht unter www.luenendonk.de zum Download bereit.

Top-25-Umsätze erstmals über 10 Milliarden Euro

Bereinigt um Ausreißer sind die 25 führenden WP-Gesellschaften im Geschäftsjahr 2020 im Mittel um 5,3 Prozent gewachsen (2019: 6,4%; 2018: 7,8%). Damit überwinden sie erstmals die 10-Milliarden-Euro-Marke (10,2 Mrd. €). Auf die Big Four entfallen allein 8,2 Milliarden Euro. „Die 25 größten WP-Gesellschaften decken damit mehr als 60 Prozent des deutschen Marktvolumens ab“, sagt Jörg Hossenfelder, geschäftsführender Gesellschafter von Lünendonk & Hossenfelder. „Nach den Big Four zeichnet sich ein wachstumsstarkes Verfolgerfeld ab, welches wieder BDO anführt. Im Geschäftsjahr 2020 beobachteten wir deutlich mehr Positionswechsel als sonst, der Markt gewinnt weiter an Dynamik.“

Lünendonk-Liste im Überblick

PricewaterhouseCoopers (PwC) ist weiterhin die größte WP-Gesellschaft Deutschlands. Mit einem Wachstum von 4,6 Prozent steigerte das Unternehmen den Inlandsumsatz auf 2.409,6 Millionen Euro. Im Vorjahr legte PwC um 6,8 Prozent zu. Wie im Geschäftsjahr 2019 dominieren bei PwC auch 2020 die Advisory-Umsätze: 925 Millionen Euro stehen für 38,4 Prozent des Deutschlandumsatzes.

Auf Position zwei folgt Ernst & Young (EY) mit 2.155,0 Millionen Euro (+2,0%). Im Vorjahr 2019 lag das Wachstum bei 7,3 Prozent. KPMG verfehlte im Geschäftsjahr 2020 knapp den Sprung über die zwei Milliarden Euro. Der Umsatz stieg um 0,5 Prozent auf 1.930 Millionen Euro (2019: +4,9%).

Deloitte rangiert im Jahr 2020 mit einer Umsatzsteigerung von 3,4 Prozent mit 1.690 Millionen Euro auf Platz vier. Im Advisory erzielte das Prüfungs- und Beratungsunternehmen fast 1 Milliarde Euro (962 Mio. €). Im globalen Ranking liegt Deloitte mit 47,6 Milliarden US-Dollar auf dem ersten Rang.

 Zahlreiche Positionswechsel im Verfolgerfeld

Alle weiteren WP-Gesellschaften folgen mit deutlichem Abstand auf die Big Four. Aufgrund unterschiedlicher Geschäftsentwicklungen kommt es in der Lünendonk-Liste zu einigen Positionswechseln: BDO erobert den fünften Platz zurück und liegt 2020 bei 284,7 Millionen Euro. Das überdurchschnitt-liche Wachstum von 8,6 Prozent zeichnet dafür verantwortlich. BDO machte mit dem Gewinn des Prüfungsmandats der SAP auf sich aufmerksam.

Erstmals belegt Ebner Stolz Position sechs. Die Stuttgarter WP-Gesellschaft steigerte den Umsatz um 10,3 Prozent auf 278,8 Millionen Euro. Trotz eines Wachstums von 2,0 Prozent rutscht Rödl & Partner von Rang fünf auf sieben ab und erzielte in 2020 einen Umsatz von 269,3 Millionen Euro.

Mazars wächst zweistellig – und steigt auf Rang acht

Mazars wartet mit einem Umsatzplus von 15,1 Prozent im Jahr 2020 mit dem stärksten Wachstum innerhalb der Top 25 auf. Mit 181,8 Millionen Euro überholt die Hamburger WP-Gesellschaft Baker Tilly, die mit 165,4 Millionen Euro nun Rang neun belegen (+0,2%). Warth & Klein Grant Thornton wuchs im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020 um 7,6 Prozent und schließt mit 146,7 Millionen Euro die Top 10 ab. Der Zusammenschluss mit der Berliner WP-Gesellschaft Trinavis ist nun vollständig konsolidiert.

RSM wächst erneut überdurchschnittlich

Mit einem Umsatzanstieg von 14,9 Prozent wächst RSM ähnlich stark wie Mazars. Mit 89,5 Millionen Euro nimmt die Düsseldorfer WP-Gesellschaft Rang elf im aktuellen Ranking ein. Nach RSM folgt mit etwas Abstand ETL mit 60,4 Millionen Euro. Wegen des Umsatzanstiegs von 12,5 Prozent verdrängt die Berliner WP-Gesellschaft PKF Fasselt Schlage (60,1 Mio.€; +2,2%) sowie Dornbach (57,5 Mio. €; +2,7%) auf die Plätze 13 und 14.

Bansbach springt auf Rang 17

Mit einem Umsatzanstieg von 8,0 Prozent schließt DHPG nun auf Dornbach auf. Die Bonner WP-Gesellschaft liegt mit 57,0 Millionen Euro Umsatz auf Platz 15, gefolgt vom LKC (46,0 Mio. €; +4,5%). Bansbach macht im dies-jährigen Ranking gleich drei Positionen gut. Ein Wachstum um 12,8 Prozent auf 41,5 Millionen Euro bedeutet Platz 17. Auch Möhrle Happ Luther erzielte in 2020 einen Umsatz von 41,5 Millionen Euro und verbessert sich um einen Rang (+3,8%). Curacon belegt mit 40,4 Millionen Euro Platz 19 (+1,3%).

Falk & Co. weist als eine von zwei Top-25-Gesellschaften für 2020 einen Umsatzrückgang auf. Die Heidelberger WP-Gesellschaft rutscht mit 40,0 Millionen Euro auf Rang 20 ab (-3,6%). Solidaris (37,0 Mio. €; +2,2%) und Moore BRL (34,7 Mio. €; +5,2%) folgen auf den Plätzen. Mit einem Umsatzanstieg von 9,3 Prozent steigt BW Partner in die Top 25 auf. Die Stuttgarter WP-Gesellschaft belegt mit 33,0 Millionen Euro Rang 23. Wegen eines Umsatzrückgangs von 1,2 Prozent rutscht Dr. Kleeberg einen Platz ab (32,2 Mio. €). RWT schließt die Top 25 ab (32,1 Mio. €; +4,9%).

„Das Corona-Jahr 2020 hat vor allem das Advisory-Geschäft der Prüfer beeinträchtigt“, so Studienautor Hossenfelder. Im Gegenzug erlebten Leistungen rund um Risikobewertungen, Förderungen oder Kurzarbeit eine Sonderkonjunktur. „Auch das aktuelle Geschäftsjahr 2021 scheint noch unter den Nachwehen von Covid-19 zu leiden. Die Wachstumsprognose der Top 25 liegt im Mittel bei 4,3 Prozent – ohne Big Four. Im Geschäftsjahr 2022 soll dieser Wert auf 5,6 Prozent ansteigen“, so Hossenfelder.

ESG als Wachstumsthema

Laut Studienteilnehmern soll organisches Wachstum im Geschäftsjahr 2021 mit Steuerberatung und Advisory (inkl. M&A) erreicht werden. Auch von den zunehmenden Themen des nicht-finanziellen Reportings sowie der ESG-Bewertungen (Environmental, Social und Governance) erhoffen sich die Prüfer und Berater Impulse.

Neben den hohen Anstrengungen bei Rekrutierung und Digitalisierung müssen sich die Prüfer aktuell mit dem neuen Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) auseinandersetzen. Das Gesetz ist seit 1. Juli 2021 in Kraft und enthält zur Stärkung der Unabhängigkeit der Abschlussprüfer Reformen zu Rotation, Trennung von Prüfung und Beratung sowie Haftung für Abschlussprüfer. Die Studienteilnehmer erwarten eine Fortsetzung der Marktkonsolidierung, auch aufgrund der Regulierung.

Aufnahmekriterien des Rankings

Die jährlich erscheinende Lünendonk-Liste ist ein Ranking der 25 nach Inlandsumsatz führenden WP-Gesellschaften in Deutschland. Wegen des heterogenen Anbieterfeldes unterliegt das Ranking folgenden Aufnahme-kriterien: Mehr als 60 Prozent des Umsatzes resultieren aus Wirtschafts-prüfung, Steuerberatung (ohne Steuerdeklaration und Buchhaltung), Corporate Finance und/oder Rechtsberatung. Davon müssen mindestens 15 Prozent auf Wirtschaftsprüfung entfallen (reine Abschlussprüfung, ohne wirtschaftsprüfungsnahe Beratung). Zudem finden nur selbstständig organisierte WP-Gesellschaften Berücksichtigung – Netzwerke respektive Allianzen werden separat aufgeführt.

Studienbezug

Die detaillierte Lünendonk-Studie 2021 „Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-Gesellschaften in Deutschland“ auf Basis der Befragung über Strukturen, Strategien, Planungen und Restriktionen der 25 führenden sowie 56 weiterer mittelgroßer und kleinerer WP-Gesellschaften sowie Netzwerke/Allianzen wird im August 2021 zum Preis von 2.200,0 Euro (zzgl. MwSt.) bei Lünendonk vorliegen.